Es war Abend. Wir erreichten unser Ziel, eine Gemeinde im Nordosten Brasiliens. Ich sollte dort einen Vortrag über die Wiederkunft Jesu, Endzeitzeichen und unser Verhalten als Christen halten. Der Pastor hielt eine kurze Einleitung und sagte plötzlich: «Heute Abend kann Jesus kommen, denn es hat Wolken am Himmel!» Wenig hätte gefehlt und ich hätte laut losgelacht, aber ich blieb ruhig, denn nach 40 Jahren Missionsdienst sind wir ja schon einiges gewöhnt. Doch das mit den Wolken war irgendwie schockierend; es zeigte den Grad der Unwissenheit sogar bei christlichen Leitern.
In Brasilien haben wir monatelang blauen Himmel, sodass das Land in eine trockene Halbwüste verwandelt wird. Deshalb der Hinweis des Pastors auf die Wolken. Er bezog sich dabei auf die klassische Stelle zur Entrückung der Gläubigen: «Danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und also werden wir allezeit bei dem Herrn sein» (1.Thess 4,17). Die Frage, die sich einem hier stellen kann: Geschieht die Entrückung ähnlich einem aufsteigenden Flugzeug, das allmählich in den Wolken verschwindet? Es lohnt sich, sich einige Gedanken zum Thema «Wolken in der Bibel» zu machen und sich die Grösse Gottes vor Augen zu führen.
In 2. Mose 13,21 heisst es über das Volk Israel, das Gott aus Ägypten geführt hatte: «Und der Herr zog vor ihnen her, des Tages in einer Wolkensäule, um sie auf dem Wege zu leiten, und des Nachts in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht ziehen könnten.» Es ging dabei tatsächlich um eine gewisse sichtbare Gegenwart Gottes, wie 2. Mose 14,24 deutlich macht: «Und es geschah in der Morgenwache, da schaute der Herr in der Feuer- und Wolkensäule auf das Heer der Ägypter und verwirrte das Heer der Ägypter.» Andere Bibelversionen übersetzen auch: «Und der Herr schaute aus der Feuer- und Wolkensäule.»
Gott beschützte Israel und strafte die Ägypter: «Und die Wolkensäule brach auf von vorn und stellte sich hinter sie. Und sie kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels, und sie wurde dort Wolke und Finsternis, und erleuchtete hier die Nacht; und so nahte jenes diesem nicht die ganze Nacht» (2.Mo 14,19-20). Gott selbst schaute aus der Wolke auf die Ägypter und griff übernatürlich ein, um den unmittelbar bevorstehenden Angriff des Feindes zu bremsen und klarzumachen, dass Er für Israel kämpfte (V 25). Für kritische Denker wird noch extra hervorgehoben: «So rettete der Herr Israel an selbigem Tage aus der Hand der Ägypter, und Israel sah die Ägypter tot am Ufer des Meeres» (V 30). Alle konnten es sehen und darüber staunen, wie wunderbar Gott Israel aus Ägypten befreite.
Diese göttliche Wolke bedeutete, dass Gott Seine Allgegenwart besonders an einem Ort sichtbar machte. «Und es geschah, wenn Mose in das Zelt trat, so stieg die Wolkensäule hernieder und stand am Eingang des Zeltes; und der Herr redete mit Mose» (2.Mo 33,9). Hier legitimierte Gott Seinen Knecht Mose mit dem eindrücklichen und für alle im Lager sichtbaren Herniederkommen der Wolkensäule. Sie symbolisierte die Begegnung Gottes mit Mose, wenn Er mit ihm im Heiligtum wie mit einem Freund von «Angesicht zu Angesicht» redete (2.Mo 33,11; 5.Mo 34,10).
Am Anfang der Wüstenwanderung wollte Mose die Herrlichkeit Gottes sehen: «Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen! Und er sprach: Du vermagst nicht mein Angesicht zu sehen, denn nicht kann ein Mensch mich sehen und leben. Und es wird geschehen, wenn meine Herrlichkeit vorübergeht, so werde ich dich in die Felsenkluft stellen und meine Hand über dich decken, bis ich vorübergegangen bin. Und ich werde meine Hand hinwegtun, und du wirst mich von hinten sehen; aber mein Angesicht soll nicht gesehen werden» (2.Mo 33,18.20.22.23). Diese gefilterte und bedeckte bzw. «gedimmte» Gegenwart müssen wir im Kontext einiger anderer Verse betrachten und zu verstehen suchen: «Und der Herr redete zu euch mitten aus dem Feuer; die Stimme der Worte hörtet ihr, aber ihr sahet keine Gestalt ausser der Stimme» (5.Mo 4,12). Jesus erklärt: «Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoss ist, der hat ihn kundgemacht» (Joh 1,18). Und: «Nicht dass jemand den Vater gesehen habe, ausser dem, der von Gott ist, dieser hat den Vater gesehen» (Joh 6,46). Der Apostel Johannes sagt dasselbe: «Niemand hat Gott jemals gesehen» (1.Joh 4,12). Paulus weist auf die Notwendigkeit einer totalen Umgestaltung hin, um überhaupt in Gottes Nähe zu kommen, denn «dies aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, auch die Verwesung nicht die Unverweslichkeit ererbt» (1.Kor 15,50).
«Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten» (Joh 4,24). Die Bibel zeigt uns, dass der lebendige Gott weder materiell noch zeitlich ist, sondern dass Gott in Substanz Geist ist, und dass Er zudem überzeitlich ist. Und dieser Gott hat das materielle Universum geschaffen und ebenso die physikalische «Zeit». Diese Eigenart unseres Raum-Zeit-Gefüges ist also etwas Geschaffenes, genauso wie die Materie/Energie. Gott selbst ist noch viel grösser als dieser geschaffene Kosmos, Er ist ewig.