Wenn Ihre Depression so schwer wiegt, dass bei Ihnen nichts mehr läuft, müssen Sie sich mit dem befassen, was Ihrem Leben Sinn gibt. Wenn Ihr Leben sich nur um Sie und um das dreht, was Sie erreichen können – d. h. um Ihren Erfolg und die Annehmlichkeiten des Lebens, dann gibt es kaum Hoffnung. Wenn es aber einen Sinn gibt, der über Sie hinausgeht, der im Evangelium besteht und darin, wer Gott ist, dann gibt es Hoffnung! Das Wichtigste im Leben ist Ihre Beziehung zu Christus und dass Sie eins mit Ihm sind. Es geht nicht darum, von anderen geliebt, respektiert und bewundert zu werden. Es geht nicht einmal darum, die Bedürfnisse zu stillen, die Sie selbst wahrnehmen. Es geht alles um Gott und um Seinen Plan für Ihr Leben.
Es gibt nur darin Hoffnung, zur Ehre Gottes zu leben. Der höchste Lebenssinn des Menschen besteht darin, Gott zu verherrlichen und sich Seiner ewig zu erfreuen. Geld, tollen Freundschaften, Besitz, Erfolg im Beruf oder der Schwelgerei nachzujagen, ist unbefriedigend und kann keine wahre Freude geben.
Unsere Hoffnung, Freude und Frieden zu finden, erfüllt sich, indem wir zuerst Gottes Reich suchen statt das unsrige. Das Leben besteht nicht in Reichtum oder Vergnügen, sondern darin, dass wir unseren grossen Gott und Retter zu verherrlichen trachten, weil Seine grosse Liebe und Sein stellvertretendes Opfer uns zum Gehorsam bewegen.
Während einer Depression brauchen wir einen Lebenssinn; und der Lebenssinn, den Gott für uns beabsichtigt hat, liegt darin, dass Sie Ihn vor allem anderen lieben und dann Ihren Nächsten wie sich selbst (Mt 22,37-39). Vielleicht haben Sie damit schwer zu ringen. Mir ging es jedenfalls so. Ich erkannte, dass ich viel zu sehr auf mich selbst gerichtet war. Aber im Leben dreht sich nicht alles um Sie, sondern um Gott und um Ihre Nächsten. Sie müssen sich täglich neu auf diesen Lebenssinn ausrichten. Das höchste Ziel in Ihrem Leiden ist, Jesus zu verherrlichen und Ihm inmitten all Ihren Leides die Ehre zu geben.
Als meine Depression ihren Höhepunkt erreicht hatte, las ich jene Bibelstelle, die davon spricht, dass Gott Seine Kinder züchtigt oder unterweist: «Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt» (Hebr 12,6). Es mag befremdlich klingen, worin laut diesem Vers Hoffnung zu finden ist: in der liebevollen Züchtigung des Vaters. Und doch gab es darin Hoffnung für mich. Tatsächlich war das ein Text, der mir zum Durchbruch verhalf. Auf dem Höhepunkt meiner Depression meinte ich, ich könne unmöglich errettet sein, weil Zweifel und Ängste mich jagten und meine Gedanken aus finsterer Verzweiflung bestanden. Ich wusste, dass Christen ihr Heil nicht verlieren können; darum schloss ich, ich müsse mich darin getäuscht haben, je errettet gewesen zu sein. Dennoch hatte ich das starke Empfinden, gezüchtigt zu werden. Diese Depression war, als ob die Seele ausgepeitscht würde.
Dann stiess ich auf diese Bibelstelle. Das ist es: Ich bin Gottes Kind! Gott züchtigt nur die, die Seine Kinder sind – die, die Er liebt! Diese Stelle spricht nicht von einer Züchtigung für Sünden, sondern vielmehr von jener Erziehung oder Unterweisung, die Sie in der Gerechtigkeit stärkt, einer Erziehung, die Sie befähigt, Christus ähnlicher zu werden. Gott erzieht und züchtigt nur den, den Er als Kind annimmt – und zwar jeden davon. Falls diese Depression eine emotionale Züchtigung ist, dann ist das die liebevolle Erziehung des Vaters; und wenn Er mich züchtigt, dann muss ich Sein Kind sein! Danke, Herr! Diese Züchtigung beweist, dass ich Dein Kind bin!
Doch diese Stelle enthält noch eine andere Wahrheit, die mich vergewisserte. Wie konnte ich das nur vergessen? Aber das hatte ich! Natürlich ist es keine Freude, durch eine Depression zu gehen. Keine Züchtigung macht Freude, wenn sie geschieht: «Alle Züchtigung scheint uns zwar für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; nachher aber gibt sie denen, die durch sie geübt sind, die friedvolle Frucht der Gerechtigkeit» (Hebr 12,11). Die Freude würde kommen, aber erst, nachdem ich durch die Erziehung des liebevollen himmlischen Vaters geschult sei. Das war Trost für meine Seele.
Die Züchtigung durch den Vater bedeutete, dass ich Sein Kind bin; und natürlich würde das zu jenem Zeitpunkt keine Freude machen. Doch ich hatte die Zusage, dass die friedvolle Frucht der Gerechtigkeit kommen werde. Ich hatte Hoffnung an einer höchst ungewöhnlichen Stelle gefunden. Und all das geschieht allein infolge Seiner Gnade. Jerry Bridges macht dies deutlich:
«Paulus sagt sogar, dass es eben dieselbe Gnade ist – Gottes unverdiente Gunst, die uns zuvor gerettet hat –, die uns züchtigt. Das heisst: Jede unserer Reaktionen auf Gottes Handeln an uns und alles, was wir aus geistlicher Züchtigung lernen, muss auf der Erkenntnis gründen, dass Gott an uns in seiner Gnade handelt. Es bedeutet ferner, dass alle unsere Bemühungen, andere ein gottesfürchtiges Leben und geistliche Reife zu lehren, auf Gnade gegründet sein muss. Wenn wir unterlassen zu lehren, dass diese Erziehung aus Gnade geschieht, werden die Leute annehmen (wie auch ich früher), dass sie aus Werken geschieht.»
Wenn wir als Gläubige Leid durchmachen, dann handelt Gott an uns wie ein Vater, der Seine überaus geliebten Kinder gründlich erzieht (Hebr 12,7). Er will uns damit etwas Gutes tun, was man nur durch Glauben begreifen kann.
Hätte Josef nur noch das Böse im Sinn gehabt, das andere ihm angetan hatten, statt in all diesem Bösen auf den Herrn zu vertrauen, dann wäre die Geschichte ganz anders ausgegangen. Es hätte keine Versöhnung mit seinen Brüdern gegeben. Welches Gottvertrauen brachte er zum Ausdruck, als er sagen konnte: «Ihr zwar, ihr hattet Böses gegen mich beabsichtigt; Gott aber hatte beabsichtigt, es zum Guten zu wenden» (1.Mo 50,20)! Ohne dieses unablässige Gottvertrauen wäre er kein alttestamentliches Vorbild auf Christus hin gewesen, als er Israel aus Hungersnot rettete und so die Abstammungslinie Christi bewahrte.
Hätte Hiob nicht erkannt, dass aller Kummer, der über ihn kam, von eben dem Gott zugelassen wurde, dem er vertraute, wäre er nur noch völlig verbittert. Wir hätten dann nie dieses Vorbild des Ausharrens im Leid gehabt. Stattdessen setzte er sein Vertrauen auf Gottes Vorsehung und sprach: «Nackt bin ich aus dem Leib meiner Mutter gekommen; nackt werde ich wieder dahingehen. Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; der Name des Herrn sei gelobt!» (Hiob 1,21).
Wir stellen fest: Durch unsere Prüfungen zieht Gott uns näher zu sich. Er allein wird all unsere Hoffnung. Sie sehen es jetzt noch nicht, aber Sie ergreifen es im Glauben. Sie können Ihm vertrauen, weil Er viel mehr tun kann, als Sie bitten oder begreifen können – gemäss der Kraft, die in Ihnen wirkt (Eph 3,20). William Cowper, der lange Zeit seines Lebens an furchtbaren Depressionen litt, schrieb:
«Ihr verzagten Heiligen, fasst frischen Mut! Die Wolken, die euch jetzt so sehr niederdrücken, sind voll Erbarmen und werden Segen über euer Haupt ausschütten.»