Das Tausendjährige Reich – das Millennium – ist das verheissene messianische Königreich. Mit dem Erscheinen des Messiaskönigs wird das Reich anbrechen. Damit ist jene Epoche der Geschichte gemeint, wenn Christus persönlich wiederkommen wird, um der Erde weltweiten Frieden, Gottes Herrschaft, völlige Gerechtigkeit und Segen zu bringen. Aus Offenbarung 20 vernehmen wir, dass diese Zeit Tausend Jahre dauern wird. Und aus 1. Korinther 15 entnehmen wir, dass Jesus Christus, der König, dieses Reich dem Vater übergeben wird und in die Ewigkeit überleitet.
Das Reich ist Gegenstand vieler Prophezeiungen sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments. So lesen wir im Buch des Propheten Jesaja:
«Es wird geschehen am Ende der Tage … er wird richten zwischen den Nationen und für viele Völker Recht sprechen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Speere zu Winzermessern … und sie werden den Krieg nicht mehr lernen … Und der Wolf wird beim Lamm weilen und der Leopard beim Böckchen lagern … der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind … der Säugling wird spielen an dem Loch der Viper … man wird nichts Böses tun noch verderblich handeln auf meinem ganzen heiligen Berg. Denn das Land wird voll von Erkenntnis des Herrn sein, wie von Wassern, die das Meer bedecken. … Jetzt ruht die ganze Erde und ist still; man bricht in Jubel aus» (Jes 2,2.4; 11,6-9; 14,7).
Aus diesen Versen geht hervor, dass dieses Reich die tiefsten Sehnsüchte aller Menschen und Völker hier auf Erden befriedigen wird. Es bringt die Erneuerung der Schöpfung, Veränderungen in der Natur und vor allem eine weltweite Erkenntnis Gottes. Das alles
wird möglich werden, da der Satan vorher gebunden, in den Abgrund gesperrt und die Verführung der Menschen während dieser Zeit nicht mehr möglich sein wird. Jesu Königsherrschaft wird die Selbstrechtfertigung Gottes sein.
Obwohl dieses Reich wegen gewisser Übertreibungen von Sekten oder durch Theologen als «fleischliche, jüdische Erwartung» in Misskredit gebracht und von der Welt als Schlaraffenland pervertiert wurde, ist das biblische Zeugnis klar: Das Reich Jesu Christi bringt eine umfassende religiöse Wahrheitserkenntnis unter die Menschen, wie sie es nie zuvor gegeben hat. Es wird ein Reich voll geistlicher Güter sein und die sichtbare Herrschaft Jesu Christi auf Erden bringen. Dazu lässt die Schrift keinen Zweifel darüber, dass wir als Gläubige daran Anteil haben sollen: «Und sie wurden lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre» (Offb 20,4). Das Herrschen der Gläubigen im Tausendjährigen Reich wird erfüllen, was im Paradies eigentlich der Auftrag des Menschen war.
Das Millennium ist zukünftig
Obwohl verdienstvolle Bibellehrer der Auffassung sind, dass das Millennium nicht buchstäblich aufgefasst werden dürfe und mit der Zeit der Gemeinde Jesu identisch wäre (Amillennialismus), glauben wir mit fast allen Kirchenvätern der ersten zwei Jahrhunderte, dass Jesus wiederkommen wird, um dieses Reich buchstäblich und sichtbar aufzurichten. In der Erwartung des zweiten Kommens Jesu vor dem Millennium nennen wir uns deshalb Prämillennialisten.
Für die Sicht, dass das Millennium zukünftig ist, gibt es viele Gründe:
Erstens, Jesus betete für das Kommen dieser Segenszeit im Vaterunser: «Dein Reich komme.» Damit signalisierte Er, dass das Reich – über die heutige Gestalt des Reiches Gottes hinaus – das Ziel der ganzen Heilsgeschichte ist, das auch heute noch auf die Erfüllung wartet.
Zweitens, Jesus erinnerte an das zukünftige Reich, als Er das Gericht über die Nationen erwähnte. Zur Zeit dieses Gerichts, bei Seiner Wiederkunft, wird Er zu den Seinen sprechen: «Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und erbt das Reich, das euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt!» (Mt 25,34). Wenn Er dies bei Seiner Wiederkunft sagt, wird dieses Reich immer noch zukünftig sein und kann nie und nimmer mit dem Gemeindezeitalter identisch sein.
Drittens, die Apostel demonstrierten ebenfalls ihre Erwartung eines zukünftigen Reiches, als sie den Herrn sinngemäss fragten, ob das Reich mit der Zeit der Gemeinde zusammenfiele: «Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?» (Apg 1,6). Sie erhielten darauf eine abschlägige Antwort. Sie glaubten also auch, dass Israel noch eine nationale Zukunft im Heilsplan Gottes habe! Deswegen predigten sie ihrem eigenen jüdischen Volk, dass es eine Voraussetzung zu erfüllen gäbe, um sowohl das Reich als auch Israels Zukunft zu erfüllen: «So tut nun Busse und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn und er den euch vorausbestimmten Jesus Christus sende. Den muss freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge» (Apg 3,19-21).
Viertens, das Tausendjährige Reich ist zukünftig, da es sich so aus dem Ablauf der Heilsgeschichte ergibt. In Epheser 1 werden die Segnungen für die Gläubigen beschrieben, die der Vater, der Sohn und der Heilige Geist den Seinen zu verschiedenen Zeiten geben wird:
- Vor der Zeit der Welt hat der Vater die Seinen zur Sohnschaft bestimmt (Vv. 4-6).
- In der Zeit, als Jesus auf Erden lebte, hat der Sohn die Erlösung gewirkt (Vv. 7-9).
- In der zukünftigen Vollendung sollen den Gläubigen die Segnungen des Heiligen Geistes in Vollkommenheit zuteilwerden. «Der ist das Unterpfand unseres Erbes auf die Erlösung seines Eigentums» (V. 14).
Dazu gehören sowohl das künftige Erbe (Vv. 11.14) als auch die «Erfüllung der Zeiten: alles zusammenzufassen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist – in ihm» (V. 10). Damit wird ausgedrückt, dass eines Tages, in der Erfüllung der Zeiten (Plural!), alle auf Erden unter einem Haupt, nämlich der Herrschaft Jesu Christi, stehen werden. Alles «zusammenzufassen» bedeutet eigentlich «aufhaupten», das heisst, unter ein Haupt stellen. Dies wird die «Zeit der Verwaltung der Erfüllung der Zeiten» sein. Und das muss sich auf das Millennium beziehen, denn:
- a) Sie ist offensichtlich zukünftig und erfüllt sich deswegen nicht in der heutigen Zeit der Gemeinde.
- b) Sie ist eine (Heils-)Ökonomie oder Verwaltung, also eine Heilszeit, die alle anderen zusammenfasst oder zu ihrem Ziel bringt, eben die «Erfüllung der [vielen] Zeiten». Solche (Heils-)Zeiten (gr. kairos) sind Zeiten, in denen sich Gott unterschiedlich offenbart (z.B. unter dem Gesetz, unter der Gnade). Das Wort kairos charakterisiert eine Zeit ihrem Inhalt und Wesen nach als eine Art Offenbarungszeit, die der Mensch als Gnade und Gelegenheit für sich erkennen muss (vgl. Tit 1,3).
- c) Die Verwaltung der Fülle der Zeiten bringt uns Sein zweites Kommen und die Herrschaft des Königs. Die «Fülle der Zeit» (Gal 4.4; gr. chronos; die chronologische Zeit) ist gewissermassen zur Mitte der Geschichte gekommen, als Jesus Christus bei Seinem ersten Kommen als Mensch geboren wurde, um die Erlösung zu vollbringen. Und das Tausendjährige Reich wird das Ziel bringen: «Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen» (Offb 11,15).
- d) Dass das Millennium die Zeit der Erfüllung der Zeiten sein wird, sehen wir auch daran, dass dann das Gebet Jesu: «Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden» (Mt 6,10), erfüllt sein wird. Denn nur in diesem zukünftigen Reich kommen alle Menschen unter ein Haupt und nur im Millennium wird dem Willen Gottes gehorcht werden in den bei- den Bereichen, nämlich «wie im Himmel, so auch auf Erden». Nur im Tausendjährigen Reich wird «das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist – in ihm», unter Seinem Haupt «zusammengefasst» werden (Eph 1,10).
So können wir wirklich sagen, dass das Evangelium ein «Evangelium des Reichs» ist, weil es zur Gottesherrschaft hinführt. Nach Jahrtausenden wird im Millennium die Ehre Gottes gross gemacht und der Herr in all Seinem Tun gerechtfertigt werden. Ausserdem werden sich die Verheissungen der alttestamentlichen Bündnisse, nämlich die Rückkehr und die geistliche Wiederherstellung Israels, vollumfänglich erfüllen.
Auszug aus Hat das Tausendjährige Reich schon begonnen?, von Eberhard Hanisch, Verlag Mitternachtsruf, Bestell-Nr. 180184