Hat der grosse Abfall vom Glauben begonnen? (Teil 2)

Schon immer gab es leidenschaftliche Prediger, die vor der nahenden Apokalypse warnten und die Verdorbenheit der Gesellschaft anprangerten. Was ist heute anders?

Die gefährlichsten Angriffe auf die Bibel kommen nicht von aussen, sondern von innen, von den liberalen Theologen, die alles Übernatürliche infrage stellen oder gar direkt verneinen – bis hin zur Auferstehung Jesu. Sie nennen sich zwar weiterhin Christen, verneinen aber die Grundprinzipien des Christentums.

Die nächste von Paulus erwähnte Eigenschaft, «den Eltern ungehorsam», müssen wir gar nicht gross ausführen. Antiautoritäre Erziehung ist «in». Wenn aber Kinder nicht lernen, den Eltern zu gehorchen – was das erste Gebot mit Verheissung ist –, werden sie es auch nicht Gott oder irgendeiner anderen Autorität gegenüber tun. 

Paulus nennt als Nächstes den Charakterzug «undankbar». Das hängt auch mit dem Vorherigen zusammen. Wer die Eltern nicht achtet, wird ihnen auch nicht dankbar sein. Dieses Prinzip gilt für alle Fälle, in denen jemand uns Gutes tut – nicht zuletzt Gott selbst – und wir dies nicht schätzen. In den Gemeinden finden wir oft viel Kritik, aber wenige Worte des Dankes.

Nach der Undankbarkeit führt Paulus «gottlos» an – also «von Gott los» sein. Wer undankbar ist, braucht Gott nicht. Ein Teenager, dem von den Gideons ein Neues Testament angeboten wurde, sagte: «Brauche ich nicht. Ich habe doch alles.»

Gottlosigkeit ist aber mehr als nur ein von Gott fernes Leben; es ist ein Leben, das konkret gegen Ihn vorgeht. Gesetze, die einst christliche Werte verteidigten, werden über Bord geworfen und stattdessen werden gleichgeschlechtliche Ehen, Abtreibung oder Euthanasie legalisiert. 

In Vers 3 fügt der Apostel «lieblos» hinzu. Dies bedeutet, diejenigen, die einem am nächsten sind, nicht zu lieben oder diejenigen, die man von Natur aus lieben würde, zu vernachlässigen oder gar anzugreifen. Wie viele vergessen ihre Eltern in Altersheimen! Weltweit werden jährlich an die 56 Millionen Abtreibungen vorgenommen. Kinderprostitution und Pädophilie nehmen zu. Was der Mensch von Natur aus schützen sollte, wird vernachlässigt, geplagt oder gar getötet. 

«Unversöhnlich» ist die nächste traurige Eigenschaft. Die Unversöhnlichen streiten sich wegen allem Möglichen und finden nicht mehr zusammen. Dies sehen wir in Ehen, aber auch auf gesellschaftlicher Ebene in grossen und gewalttätigen Demonstrationen und in der zunehmenden Verhärtung auf der rechten und linken Seite des politischen Spektrums. Nachrichten und Unterhaltungsprogramme sind voll von Anfeindungen und unlösbaren Problemen.

Es folgt «verleumderisch». Dies ist eine der Eigenschaften des Teufels selbst. Für Verleumder ist es egal, ob etwas stimmt oder nicht, Hauptsache, sie können den anderen ins schlechte Licht stellen. Immer wieder ist zu hören, dass wir heute in der Zeit der Post-Wahrheit leben. Es scheint nicht wichtig, ob die Medien die Wahrheit bringen. Wichtig ist, dass es in mein Konzept passt, dass es mit «meiner Wahrheit» vereinbar ist. Dies sieht man vor allen in den politischen Grabenkämpfen heute. 

Leider leihen auch viele Christen dem Teufel die Zunge, um andere zu verleumden. Das fängt beim Nachbarn an und hört auch vor dem Bruder in der Gemeinde nicht auf.

Eine weitere Eigenschaft ist «unenthaltsam». Sie bedeutet das Gegenteil von Selbstbeherrschung. Der unenthaltsame Mensch lebt nach seinen Impulsen. Und das führt zu der Zügellosigkeit und Unmoral, wie wir sie heute sehen. Alles ist erlaubt und wird sogar von den Medien und der Gesetzgebung gefördert. Selbstbeherrschung wird zur Zumutung und mit viel Kritik und Spott bedacht. Die Konsequenzen sind, dass wir kaum noch gesunde Familien sehen. Der Mensch lebt nur noch sich selbst. Ehescheidungen, die noch vor wenigen Jahren eine Katastrophe bedeuteten, sind heute etwas Normales. Oder man lebt einfach zusammen und wenn’s nicht mehr harmoniert, dann geht man halt wieder auseinander. Pornographie und Pädophilie macht auch vor Christen nicht halt. Wer wagt es heute noch, die Selbstbeherrschung zu verteidigen?

Einen weiteren Begriff, den Paulus nennt, ist «zuchtlos». Dieser liesse sich auch mit «brutal», «blutrünstig» oder «grausam» übersetzen. Es geht unter anderem um Menschen, die Freude an Gewalttätigkeit haben. Die heutigen Medien wissen dies gut auszunutzen. Wir hören immer mehr von Vergewaltigungen und sexueller Belästigung, leider auch von führenden Köpfen in der sogenannten christlichen Welt. Die zunehmende Grausamkeit sehen wir darüber hinaus auf Fussballfeldern, auf der Strasse und leider oft in den Familien. Mixed Martial Arts ist derzeit die Sportart (wenn man sie überhaupt so nennen kann), die am meisten wächst, und sie erfreut sich daran, dem Gegner das Gesicht zu Brei zu schlagen. 

Ein nächster Punkt ist: «dem Guten feind». Es bedeutet das Gegenteil von Güte, Freundlichkeit, Barmherzigkeit und anderen christlichen Werten. Das sehen wir wiederum in den Medien, den Gesetzen, bis hin in den Schulunterricht usw. Es wird gezielt gegen die biblischen Werte gesteuert. 

Im Vers 4 geht es weiter mit «treulos». Treulose sind bereit, den Ehepartner, Freund, die Familie oder jeden, der ihnen geholfen hat, zu verraten, zu verlassen und ungerecht zu behandeln. Das Versprechen «Bis der Tod euch scheide» wird bei Trauungen oft gar nicht mehr erwähnt oder als Spass abgetan. Wie viele alltägliche Versprechen werden nicht eingehalten? Und wer erwartet noch, dass ein Politiker alle seine Versprechen der Wahlkampagne hält?

Die Treue gegenüber Gottes Wort steht natürlich auch auf der Abschussliste oder gehört für viele nur noch ins Museum. Deswegen geraten wahre Christen überall immer mehr in Bedrängnis. Dies sagt der Apostel in Vers 12: «Und alle, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, müssen Verfolgung leiden.» Es wird zu immer mehr Anfeindungen gegenüber dem Evangelium und wahrem Christsein kommen. 

Der Apostel Paulus fährt weiter fort mit «leichtsinnig». Viele setzen immer leichtsinniger ihr Leben aufs Spiel. Das sehen wir in den verschiedenen Videos, die auf YouTube hochgeladen werden. Immer waghalsiger sind die Sachen, die gemacht werden. Dagegen ist Bungee-Springen nur noch ein Kinderspiel. 

Die nächste böse Eigenschaft, die Paulus erwähnt, ist «aufgeblasen». Das sind solche, die nichts anderes oder niemand anderen gelten lassen als nur sich selbst und ihre Meinung. Das sieht man auf der politischen Ebene, aber leider auch unter solchen, die sich Christen nennen. 

Und nun kommt Paulus zu einer Eigenschaft, die uns allen sehr bekannt ist: «das Vergnügen mehr liebend als Gott». Wir leben in einer Welt, in der das Vergnügen, die Hobbies, der Spass und die Freizeit für viele das Wichtigste geworden sind. Dem allen wird ein weitaus höherer Wert als Gott selbst eingeräumt. Einst fragte ich eine Frau, wo ihr Mann geblieben sei, da ich ihn nicht in der Versammlung sah. Sie antwortete mir: «Er blieb zu Hause, um sich einen Film von Superman anzusehen.» 

Vielen geht die Genusssucht über alles. Der Mensch macht das, was ihm gefällt, was Spass macht oder wozu er eben Lust verspürt. Alles andere bleibt einfach liegen. Dieses Denken sieht man leider auch unter Christen. Wenn die Motivation fehlt, dann wird die Bibel einfach nicht gelesen, wird nicht gebetet, nicht in die Gemeinde gegangen oder dem Herrn gedient. Unsere Wünsche gehen sogar über klare biblische Ordnungen hinweg. Aber wenn uns die Lust fehlt, dann fühlen wir uns im Recht, Gott ungehorsam zu sein. 

Eine der grössten Industrien zur Zeit ist die der Unterhaltung, von der sich der Christ leider auch viel Zeit stehlen lässt. Das heisst nicht, dass wir nicht etwas Schönes geniessen können. Aber es darf nicht mit Gott, Seinem Wort, unserem Dienst und den Prioritäten in Konflikt kommen. 

In ihrer Vergnügungssucht entwickeln dann viele oft eine leichtfertige Haltung der Unmoral gegenüber. Einige versuchen, ein wenig für Gott zu leben, aber auch den weltlichen Lüsten Platz zu lassen, wobei aber Gott und Sein Werk den Kürzeren ziehen. Und wenn wir den Apostel Jakobus zu Wort kommen lassen, dann wird es noch ernster: «Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer immer der Welt Freund sein will, macht sich zum Feinde Gottes!» (Jak 4,4). Wenn man dem Fürsten dieser Welt folgt, ist die Zerstörung der Werte, der Familie und vor allem des Gehorsams Gott gegenüber die natürliche Folge.

In Vers 5 nennt Paulus dann die Eigenschaft, die alle vorherigen zusammenfasst: «Dabei haben sie den Schein von Gottseligkeit, deren Kraft aber verleugnen sie. Solche meide!» Die erwähnten Eigenschaften der Menschen der Endzeit sind in der Christenheit und in der Gemeinde zu finden. Das ist ja gerade das Schreckliche! Der Abfall steigert sich immer mehr, bis hin zu den Worten Jesu über die Zeit des Antichristen: «Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden grosse Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten zu verführen» (Mt 24,24). Dies kommt zu dem Höhepunkt, über den Jesus in Lukas 18,8 fragt: «Wenn des Menschen Sohn kommt, wird er auch den Glauben finden auf Erden?»

Es wird eine Gesellschaft sein, die von religiöser Heuchelei gekennzeichnet ist. Äusserlich geben sich diese Menschen als Christen, aber innerlich sind sie weit von Christus entfernt. Wie viele nennen sich heute Christen, leben aber nicht nach Seinem Willen? Wie viele haben ein religiöses Leben, aber keine innerliche wahre Beziehung zu Ihm? Dadurch öffnen sie sich allen möglichen dunklen Einflüssen. Der Apostel hatte davon schon in 1. Timotheus 4,1 gewarnt: «Der Geist aber sagt deutlich, dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und verführerischen Geistern und Lehren der Dämonen anhangen werden».

Die Verführung kommt bis in unsere Gemeinden hinein. In 2. Timotheus 4,3–4 führt der Apostel noch eine Eigenschaft auf, die in der vom Abfall gekennzeichneten Gesellschaft zu sehen sein wird: «Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich nach ihren eigenen Lüsten Lehrer anhäufen werden, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zuwenden». Eine gefährliche Tendenz ist in evangelikalen Kreisen zu sehen. Immer wieder hört man das Argument: «Wir müssen den Gläubigen das geben, was ihnen gefällt oder bei dem sie sich wohlfühlen». 

Eine solche Haltung wird die Tiefe und Ernsthaftigkeit der Schriftauslegung und das Verständnis von Sünde beeinflussen. Die Gemeinden werden zu christlichen Klubs, wo man an dem teilnimmt, was einem Spass macht oder gefällt. Christen, die sich dagegen wehren, werden als gesetzlich, konservativ oder fanatisch abgestempelt und verachtet. Die Bibel wird von vielen Christen und Gemeinden immer mehr auf die Seite geschoben. Neue Moden, Tendenzen oder Lehren sind gefragt. Es ist interessanter, einem Menschen als dem Wort Gottes zu folgen. Jeder neuen Welle aus dem Internet wird begeistert Tür und Tor geöffnet, ohne sie an der Bibel zu messen. Da es viele machen, muss es schon gut sein. Auf jeden Fall ist es «in». 

Leider sind solche falschen Brüder auch in den Gemeinden zu finden. Deshalb wird Timotheus aufgefordert: «Solche meide!» (2.Tim 3,5). Das bedeutet, sich mit Schrecken von ihnen abzuwenden. Das Wort Gottes ist diesbezüglich eindeutig: «Darum ‹gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret kein Unreines an, so will ich euch aufnehmen›» (2.Kor 6,17).

Das alles wird nicht ohne seine gerechte Strafe bleiben: «Denn zu diesen gehören die, welche sich in die Häuser einschleichen und Weiblein gefangennehmen, die mit Sünden beladen sind und von mancherlei Lüsten umgetrieben werden, immerdar lernen und doch nie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können. Gleicherweise aber, wie Jannes und Jambres dem Mose widerstanden, so widerstehen auch diese der Wahrheit; es sind Menschen zerrütteten Sinnes, untüchtig zum Glauben» (2.Tim 3,6–8). 

Die Strafe fällt auf die Abfallenden zurück. Sie werden ihren eigenen Lüsten zum Opfer fallen und jeder neuen religiösen Welle hinterherlaufen, ohne jemals wirklich zufrieden zu sein. Wenn ihr Leben oder ihre Lehre von Gott geprüft werden, stellen sie sich als nutzlos heraus: «Aber sie werden es nicht mehr viel weiter bringen; denn ihre Torheit wird jedermann offenbar werden, wie es auch bei jenen der Fall war» (V. 9). Ihr Abfall wird immer zerstörerischer: «Schlechte Menschen aber und Betrüger werden es immer schlimmer treiben, da sie verführen und sich verführen lassen» (V. 13). Schliesslich glauben sie ihren eigenen Lügen.

Stephan Beitze ist Missionar des Mitternachtsruf in Buenos Aires, Argentinien. Als Bibellehrer widmet er sich überwiegend dem Bibelunterricht in Gemeinden, an Bibelschulen, Jugendfreizeiten, Konferenzen usw.
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