Endzeitlich leben: dem Anpassungsdruck widerstehen (Teil 5)

Wie bleibt der christliche Glaube in einer Welt, die sich nicht als christlich versteht, identifizierbar? Wie kann er in einer Zeit, die sich immer mehr von christlichen Inhalten und Werten verabschiedet, erkennbar und kräftig sein? Wie behält unser Glaube solche Konturen, dass er nicht im gesellschaftlichen Mainstream aufgeht bzw. untergeht? Eine Antwort.

Fünftens: Die Hoffnung auf den wiederkommenden Herrn festhalten.

Mit dem 7. Kapitel des Danielbuches öffnet sich ein neuer Horizont. Alles Biographische und Persönliche tritt in den Hintergrund. Im Vordergrund stehen die Visionen Daniels über die Zukunft der Welt und des Reiches Gottes. 

Als Erstes sieht Daniel die vier Winde (Boten Gottes), die das Meer (Völkermeer) in Bewegung bringen. Die gesamte Völkerwelt befindet sich im Aufruhr gegen Gott. Seinen konkreten Ausdruck findet dieser Aufruhr in Gestalt der vier Tiere, die aus dem Völkermeer aufsteigen. Es handelt sich um menschliche Gewalten, die von Gott gelöst, den Charakter des Tierhaften an sich tragen. Die Reihe der Tiere ist Löwe, Adler, Bär und Panther. 

Löwe und Adler stehen in der Bibel als prophetische Bilder für die Weltmächte (vgl. Jer 2,15; Hes 17,3). Das übermenschliche Reich des Löwen wird jedoch geschwächt. Ihm werden die Flügel ausgerissen und ein menschliches Herz wird ihm gegeben. Aus einem starken Reich wird ein schwaches, menschliches und furchtsames. Vieles spricht für die Deutung auf das persische Reich, vor dessen Gewalt alle Welt zitterte. Am Ende wurde es jedoch von Alexander dem Grossen überrannt (vgl. Dan 8,4.7). Kennzeichen des Bären ist neben seiner Kraft sein unersättlicher Appetit. Der Bär richtet sich auf. Er geht in Angriffsposition. In seinem Maul trägt er noch drei Rippen, den Rest der eben verschlungenen Beute. Kaum hat er ein Opfer erlegt, so sinnt er schon auf sein Nächstes. Die Deutung passt am ehesten zu Alexander dem Grossen und sein Weltreich. Auffallend beim Panther sind die vier Flügel und Köpfe. Sie stehen für die weltumspannende Macht dieses Tieres. Am ehesten lässt es sich daher auf das universellste der antiken Weltreiche, das römische Reich, deuten. Dieses wird zum Vorläufer des antichristlichen Weltreiches. Das vierte Tier trägt einen eigenen Charakter. Es ist furchtbar, zerstörerisch. Die zehn Hörner sind Ausdruck seiner ungeheuren Macht. Das kleine, elfte Horn, das ihm entspringt, lässt sich auf die Person des Antichristen deuten. 

Wir sehen in der Heiligen Schrift zum ersten Mal das Bild des Antichristen vor uns. Er steigt aus dem Völkermeer auf und wird unglaubliche Macht erlangen. Seine Absicht ist es, die Gemeinde Gottes zu zerstören und die Zeiten, Ordnungen und Gesetze, die Gott dieser Welt gegeben hat, abzuschaffen. Er besitzt etwas Totalitäres und wird sich selbst an Gottes Stelle setzen. Als «Mensch der Gesetzlosigkeit» (Mt 24,12; 2.Thess 2,8) wird er die Bindung der Gewissen an die Gebote Gottes abschaffen. Er verkündigt die Liebe, das Leid Vermeidende, das den Lebenskampf Lindernde und all das, was die Sexualität endlich von allem Einengenden befreit. Er beseitigt das ungeborene Leben. «Der Antichrist verkörpert, vertritt und verkündigt das, was in der gegenwärtigen Weltstunde das Humane, das Menschliche, das Einleuchtende, das Zustimmungswürdige und das unbedingt Gebotene ist» (Manfred Seitz). Der Johannesbrief schliesslich spricht davon, dass er die Gottheit Jesu Christi leugnet. Er vertritt eine Form des Glaubens. Er kann vielleicht sogar noch «Jesus» sagen. Aber nicht mehr, dass Er der Christus ist. An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Modern gesprochen, tritt sein Geist heute dort in Erscheinung, wo man Jesus nur noch für einen ethischen Lehrer, aber nicht mehr für den Herrn und Heiland der Welt hält. 

Über die geheimnisvolle Gestalt des Antichristen schweigt die gegenwärtige evangelische Kirche. Es besteht eine Art «clerical correctness», eine stillschweigende Übereinkunft über das, was man in der Kirche öffentlich sagen darf, wenn man nicht als konservativ, fundamentalistisch, unwissenschaftlich, biblizistisch oder zu fromm verurteilt werden will. Gerade deshalb aber muss darüber gesprochen werden. Die Geister müssen unterschieden werden. Die Bibel warnt vor antichristlicher Verführung. 

Nun öffnet sich in dem siebten Kapitel aber auch noch eine andere Tür. Neben der Gestalt des Antichristen sieht Daniel noch eine weitere Gestalt. Es ist der Menschensohn, der vom Himmel her kommt und dem Gott alle Macht und Ehre verleiht. Der Menschensohn gilt als der endzeitliche von Gott bevollmächtigte Herrscher. Dieser ist kein anderer als Jesus Christus. Gott sendet den Menschensohn hinein in unsere Welt, die vom Tierreich beherrscht wird, um sie zu erlösen und das Tier zu besiegen. Dieser letzten Auseinandersetzung gehen wir als Gemeinde Jesu Christi entgegen. Christus wird das letzte Wort sprechen. Er wird die Macht des Bösen überwinden. Die Hoffnung auf den wiederkommenden Herrn, der über allen Mächten und Gewalten dieser Welt steht, gilt es festzuhalten. 

Daniel zeigt uns, wie wir als Christen dem Anpassungsdruck widerstehen können. Im 12. Kapitel heisst es: «Du Daniel, verbirg diese Wort und versiegle das Buch bis auf die letzte Zeit. Viele werden es durchforsten und grosse Erkenntnis finden.» – Es ist das Wort Gottes, das uns hält, das uns die Augen öffnet und die Kraft gibt, zu widerstehen. Unsere Aufgabe als Gemeinde ist es, das Wort Gottes wie einen Diamanten in seiner Reinheit und Klarheit unverfälscht zu bewahren.

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