Im Tausendjährigen Reich führt Gott exemplarisch vor, wie gut man unter Seiner Regierung leben kann. Vor der sichtbaren und unsichtbaren Welt wird in dieser Heilsepoche bewiesen, dass Gott in der Schöpfung die Möglichkeit gegeben hat, gut und sinnvoll auf dieser Erde zu leben. Das Tausendjährige Reich stopft all denen den Mund, die Gottes Schöpfung für unvollkommen halten. Nicht Gottes Schöpfung, sondern die Sünde der Menschen macht die Welt schlecht.
Wer sich im Tausendjährigen Reich bekehrt, wird diesen Schritt leichter tun als die Gläubigen der vergangenen Zeiten. Was den Menschen heute noch von Gott abhält, das Böse und der Böse, sind ausgeschaltet. Satan hält keinen Menschen mehr davon ab, Christ zu sein bzw. zu werden. Im Hinblick auf das ewige Leben wird der gerechte Gott aber niemanden bevorzugen und niemanden benachteiligen.
Wie unser Glaube durch Leiden und Anfechtungen geprüft werden muss (1Petr 1,6.7), so muss auch die Tiefe und Echtheit des Glaubens der Menschheit des Tausendjährigen Reiches geprüft werden. Denn, Satan ändert sich nicht: Er bleibt der gemeine Verführer. Nach tausend Jahren wird Satan noch einmal kurz freigelassen (Offb 20,7). Satan hat sich durch die Gefangenschaft nicht verändert. Er beginnt sofort mit seinem alten gottfeindlichen Geschäft. Er verführt die Menschen aufs Neue.
Wie er es im Paradies mit Eva tat, wie er es mit Jesus in der Wüste versuchte (Mt 4,1), wie es ihm bei Judas gelang, so tut er es wieder. So gottfeindlich und verführerisch wie er heute die Menschheit von Gott trennt und wie ihn jeder im eigenen Leben kennenlernte, so tut er es, wenn er nach seiner Haft wieder auf die Bühne dieser Welt tritt. Er will einen Krieg gegen Gott vom Zaun brechen. In früheren Zeiten benutzte Satan Medien – wie die Schlange, materielle und ideelle Güter, Götzen, Kultur, Geld und Ehre – zur Verführung. Auch Menschen wie Judas, der Antichrist oder der falsche Prophet wurden von ihm eingesetzt. Jetzt aber tritt er leibhaftig auf. Er macht sich zum Heerführer gegen Gott.
Und doch ändert sich auch die Menschheit nicht: Sie bleibt auf den Teufel fixiert. Leider wird sich zeigen, dass nicht nur Satan, sondern auch die Menschen die gleichen geblieben sind. Jetzt wird offensichtlich, dass die Menschheit trotz der guten Erfahrungen, die sie unter Jesu Herrschaft gemacht hat, immer noch den tiefen Hang zum Bösen hat. In ihrem Herzen ist sie geblieben, wie sie immer war: böse von Jugend an (1Mo 8,21). Kaum ist der Böse, Satan, wieder da, findet sich gleich und gleich zusammen. Innere Veränderung geschieht nicht durch äussere Wohltat. Sie muss im Glauben ergriffen werden.
Jesus wies auf diese geistliche Notwendigkeit hin: Er hatte einen Mann geheilt, der 28 Jahre lang krank war. Das war ein gewaltiges Wunder. Es machte den Kranken glücklich und froh. Jesus trifft ihn wieder und sagt ihm, dass das Erleben der Heilung nicht genug ist. Der Geheilte muss die Sünde, die innere Trennung von Gott, lassen (Joh 5,14). Ebenso reicht es nicht, die Wohltaten Gottes im Tausendjährigen Friedensreich zu geniessen. Nur der bleibt Gott treu, der aus einem Geniesser der Wohltaten Gottes zu einem Kind Gottes wird.
Obwohl die Menschen im Tausendjährigen Reich einen Himmel auf Erden haben, fallen viele Satan, sobald er auftritt, wieder zu (Offb 20,8). Es ist der grösste Abfall in der Weltgeschichte. Deshalb zieht dieser Abfall auch Gottes letztes Gericht unmittelbar nach sich.
Der Jüngste Tag ist die allumfassende Herstellung der Gerechtigkeit im ganzen Universum. Es müssen sich alle Knie vor Christus beugen (Phil 2,9.10). Und auch der letzte Feind wird schweigen. Und jetzt wird Gerechtigkeit durchgesetzt.
Da Gott allmächtig ist, kann dieser neuerliche Abfall der verführten Menschheit am Ende des Tausendjährigen Reiches nur in einer totalen Vernichtung enden. Das jetzt folgende Gericht wird allumfassend. Das Gericht beginnt mit der völligen militärischen Niederschlagung des Aufstands der vom Satan verführten Menschheit. Alle Abgefallenen kommen um (Offb 20,9). Nach der totalen Niederlage Satans und der abgefallenen Menschheit beginnt das letzte Gericht. Wir nennen es auch das Jüngste Gericht.
Es wird die grösste Gerichtsverhandlung aller Zeiten. Menschen und Engel werden zur Rechenschaft gezogen (Jud 6). Alle Menschen, die nicht zum Volk Gottes gehörten, erwartet ein gerechtes Urteil (Offb 20,12). Nur die zu Christus Gehörenden werden nicht vor diesem Gerichtshof erscheinen (Joh 5,24). Für sie hat Jesus die Strafe getragen, sie haben Frieden mit Gott (Jes 53,5; Röm 5,1).
Zu Beginn dieses Gerichtes findet die sogenannte zweite Auferstehung statt. Es ist eine Auferstehung aller Menschen, die je gelebt haben. Vor dem Tausendjährigen Reich fand die erste Auferstehung statt. In ihr erstanden die Gläubigen aller Zeiten auf. Von ihnen stellt die Bibel fest: «Selig ist und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung» (Offb 20,6).
Die zweite Auferstehung lässt alle Toten hervorkommen und führt diese nicht zur Seligkeit, sondern direkt vor die Schranken des letzten Tribunals. Selbst die früher Ertrunkenen stehen da (Offb 20,12.13). Keiner aus dem grossen Völkermeer kann untertauchen. Obwohl die Christen nicht angeklagt sind, sind sie in irgendeiner Weise an der Rechtsprechung des Jüngsten Tages beteiligt (1Kor 6,2) – vielleicht Schöffen (ehrenamtlicher Richter) vergleichbar. Auch über die Engel wird gerichtet.
Die Gemeinde Gottes wird bei diesem Gericht mitwirken (1Kor 6,3). In welcher Weise, können wir allerdings heute nicht sagen. Selbst die Himmel und die Erde werden nun vollends vergehen. Auch sie waren in den Kreislauf der Sünde hineingezogen worden. In der Ewigkeit soll nichts mehr an die Welt der Sünde erinnern. Deshalb muss es auch eine neue Schöpfung geben. Die alte Schöpfung hat dann keine Daseinsberechtigung mehr.
Im alten Himmel hatte sich der Abfall Satans zugetragen. Durch Satans Verleumdung gegen die Gläubigen (Hiob 1,6 ff.) ist er besudelt. Die Gestirne wurden von den götzendienerischen Menschen im Heidentum verehrt und in der Astrologie werden ihnen göttliche Kräfte zugesprochen. Dies ist eine Beleidigung Gottes. Auf der Erde hat sich die Sünde der Menschheit zugetragen. Die Erde hat die Sünde gesehen und ist durch sie entheiligt worden (1Mo 4,10). Gott selbst hatte den Ackerboden verflucht (1Mo 3,17).
Wie sich der Untergang der Himmel und der Erde im Einzelnen ereignen wird, ist nicht klar. Aber für unseren alten Himmel und die alte Erde ist kein Platz auf der neuen Erde mehr (Offb 20,11). Ihre Elemente werden vor Hitze zerschmelzen (2Petr 3,12). Dies könnte auf eine atomare Zerstörung deuten.
Es darf nicht verschwiegen werden, dass die Lehre vom Tausendjährigen Reich sehr umstritten ist. Oft wird ihr widersprochen und werden ihre biblischen Belege anders interpretiert. Viele verstehen die Weissagungen vom Friedensreich rein bildlich und halten die in ihr gegebenen Verheissungen für etwas, das erst nach dem Jüngsten Gericht in Erfüllung gehen wird. Eine biblisch fundamentierte Begründung haben die Gegner der Lehre vom Tausendjährigen Reich letztlich nicht.
Besonders heftig wurde ihr in der lutherischen Orthodoxie widersprochen. Das hat einen geschichtlichen Hintergrund: Während der Reformation traten täuferische Kreise auf, die lehrten, dass das Tausendjährige Reich durch Gewalt herbeigeführt werden müsse. Einer ihrer bekanntesten Führer war der Pfarrer und Bauernführer Thomas Münzer (1489–1525). In Münster wurde 1534 eine täuferische Diktatur, das sogenannte «Neue Jerusalem», errichtet. Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling behaupteten, dass in der Stadt das Tausendjährige Reich sichtbar geworden sei. Nach einer kurzen, sehr frommen Phase kam es in Münster zu furchtbaren Exzessen. Es wurde die Polygamie eingeführt, eine Art Kommunismus betrieben und Andersdenkende vertrieben und blutig verfolgt. Selbst die Einehe wurde abgeschafft. Die Herrschaft der Schwärmer von Münster wurde durch Reichstruppen beendet und es setzte eine schreckliche Verfolgung auch der nicht schuldigen Täufer im ganzen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation sowie im spanischen Einflussbereich ein.
Auch der in der gleichen Zeit verlaufende Bauernkrieg, einem religiös motivierten Konflikt der grossen Masse unterdrückter Landbevölkerung gegen die Obrigkeiten, endete mit dem Tod von vielen Menschen. Man schätzt die Zahl der umgekommenen deutschen Bauern auf bis zu einer Million. Diese Ereignisse brachten die Lehre vom Tausendjährigen Reich in Misskredit. Die alten lutherischen Dogmatiker haben sie dann im Augsburger Bekenntnis (CA) pauschal verworfen. Damit sind sie eindeutig zu weit gegangen.
Leider hat es auch später Nachfolger der schwärmerischen Täuferideologie gegeben: Unter Oliver Cromwell, den sogenannten religiösen Sozialisten, und in der Befreiungstheologie unserer Tage finden sich irrige Ansichten über das Tausendjährige Reich. Denjenigen aber, die glauben, dass das Tausendjährige Reich durch Menschen oder gar Gewalt herbeigeführt wird, müssen wir wie die alten lutherischen Kirchenlehrer hart entgegentreten. Aber wir dürfen das «Kind nicht mit dem Bade aus giessen». Dafür zeugt die Bibel zu unmissverständlich davon, dass Jesus eine Zeit des Friedens auf die Erde bringen wird.
Das Tausendjährige Reich ist die einzige Epoche in der Weltgeschichte, in der Satan ausgeschaltet sein wird. Die Menschheit hätte ohne Sünde bleiben können, hatte sie doch den Beweis, dass es lohnendes Leben bei Gott gibt. Aber selbst tausendjährige Gewöhnung an den Himmel ersetzt nicht den einfachen und vertrauensvollen Glauben. So endet auch diese Epoche mit einem, dem letzten Gericht.