Die unaussprechliche Herrlichkeit unserer hohen Berufung (Teil 3)

In Offenbarung 21,9–22,5 findet sich die einzige Beschreibung der Herrlichkeit jener Stadt, nach der bereits Abraham Ausschau hielt, jener Stadt, die Gott selbst erbaut hat (Hebr 11,10) und nach der wir, seit wir in dieser Welt Fremdlinge geworden sind (1.Petr 2,11), uns sehnen (Hebr 13,14). Ein Ausblick.

Die Gemeinde ist durchsichtig wie reines Glas. «Und die Strasse der Stadt reines Gold» (Offb 21,2): Für «Strasse» steht hier das griechische Wort plateia, und das hat die gleiche Bedeutung wie die italienische Piazza. Die Piazza ist heute noch etwa das, was die Strasse der Stadt in früheren Jahrhunderten war: ein Ort der Begegnung, nicht der möglichst schnellen Durchfahrt. Die Heiligen werden beglückenden Umgang miteinander pflegen, und diese wird von göttlicher Reinheit und Liebe getragen sein. Nichts Sündiges wird hindern oder stören. Nichts Verhohlenes wird die Gemeinschaft entstellen; sie wird «wie durchsichtiges Glas» sein. Wir werden im Licht wandeln und vollendete Gemeinschaft miteinander haben (1.Joh 1,7). 

Jedes Tor der Stadt ist eine einzige Perle. «Die zwölf Tore waren zwölf Perlen» (Offb 21,21). Die Perlen lassen uns an das Gleichnis von der kostbaren Perle denken (Mt 13,45.46). Die Perle ist das Volk Gottes; das Gleichnis lehrt uns, dass der Herr alles hergab, um es für sich zu erwerben. Wie muss Er Sein Volk lieben (Eph 5,25)! Und diese Liebe soll dem ganzen Universum nach allen Himmelsrichtungen kundgemacht werden; darum sind die Tore Perlen, denn die Tore sind es, die man, wenn man sich einer Stadt nähert, zuerst sieht. Und wenn man in diese Stadt eingeht, so ist der erste Eindruck, den man gewinnt, das Empfinden der grossen Liebe, die der Herr für Sein Volk hat. So geht es jedem, der sich aus der Finsternis zum Licht bekehrt und in die Gemeinde Gottes eingeführt wird. Er bekommt als allererstes ein vorher nie gekanntes Bewusstsein dafür, dass Christus Seine Gemeinde liebt; und das lehrt ihn, alle, die Ihm gehören, ebenso zu lieben (1.Joh 5,1.2). 

Gott selbst ist ihr Tempel. «Ich sah keinen Tempel in ihr» (Offb 21,22). Im himmlischen Jerusalem sind die Erlösten Gott nahegebracht, darum wird dort kein Tempel mehr sein. Der Tempel war zwar einst die Wohnstätte Gottes unter Seinem Volk, und dieser Tempel war der Ort, an dem das Volk Ihm nahen konnte. Gleichzeitig aber erinnerte der Tempel beständig daran, dass Sünde zwischen Gott und Seinem Volk stand, und diese Sünde schuf Distanz, die jedes Mal durch ein Opfer überwunden werden musste. Nun ist keine Sünde mehr, und daher muss keine Distanz mehr überwunden werden. Gott ist bei Seinem Volk, und Sein Volk ist bei Ihm. Er selbst «ist ihr Tempel». Dort wird der Erlöste unmittelbaren Umgang mit Seinem Gott und Erlöser haben.

Die Herrlichkeit Gottes ist ihr Licht. «Die Stadt braucht keine Sonne und keinen Mond» (Offb 21,23), denn im himmlischen Jerusalem wird Gott selbst, der Ursprung und die Quelle allen Lichts, den Erlösten leuchten. Das ist unvermitteltes, nicht durch die Schöpfung gebrochenes Licht. Der Erlöste benötigt dann keine indirekten Lichtquellen, wie Sonne und Mond es sind. Wenn wir im Schöpfungsbericht lesen, dass das Licht zuerst da war und dann erst Sonne und Mond erschaffen wurden, verstehen wir, dass diese lediglich sekundäre Lichtquellen sind. Im himmlischen Jerusalem ist nichts mehr mittelbar; die vollendeten Heiligen haben unmittelbaren Umgang mit dem Urheber des Lebens. Gott selbst ist ihr Licht, und das Lamm ist die Lampe. Eine Lampe ist gezielt eingesetztes Licht. In Jesus Christus hat das Licht Gestalt angenommen, ist in diese dunkle Welt gekommen (Joh 1,5; 8,12) und hat Sünder gesucht und gerettet.

Die Nationen wandeln in ihrem Licht. «Und die Nationen werden durch ihr Licht wandeln» (Offb 21,24). Die Nationen sind die Menschen, die im Tausendjährigen Reich die Erde bevölkern werden. Das Licht, das sie sehen, ist «die Herrlichkeit Gottes», die von der Stadt ausstrahlt (V  11.23). Das heisst, dass die Nationen Gottes Licht und Liebe an Seinem erlösten Volk sehen, und das ist es, was ihnen den Weg weist, den sie gehen.

Die Tore der Stadt müssen nie geschlossen werden, «denn Nacht wird dort nicht sein». In der Stadt ist kein Wechsel von Tag und Nacht mehr, aber auf der Erde, die noch immer die alte ist, wird während des Millenniums die Ordnung der ersten Schöpfung noch Bestand haben. Sie wird erst dann nicht mehr bestehen, wenn nach Ende des Millenniums die Erde aufgelöst und ein neuer Himmel und eine neue Erde sein werden, in denen Gerechtigkeit wohnt (2.Petr 3). Dort wird wie kein Meer (Off 21,1) so auch keine Nacht mehr sein (22,5).

Die Menschen auf der Erde werden «die Herrlichkeit und die Ehre der Nationen» zur Stadt Gottes bringen und damit sagen, dass sie alles Schöne und Liebliche und Gute, das sie wirken können, Gott verdanken. Er gab den Willen und das Vermögen, es zu tun (Phil 2,13), und darum geben sie Ihm dafür alle Ehre.

Der Thron Gottes und des Lammes. Vom Thron Gottes geht Leben aus, ja «ein Strom von Wasser des Lebens» (Offb 22,1). Wo Gott regiert, kann kein Tod sein, denn Er ist der lebendige Gott, der Quell des Lebens und des Lichts. «Keinerlei Fluch wird mehr sein.» Welche Zusage! Aller Jammer, der seit dem ersten von Gott ausgesprochenen Fluch in diese Schöpfung gekommen ist (1.Mo 3,17), wird verschwinden. Und fragen wir, wie das möglich ist, wird die Antwort sogleich gegeben: «Der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein.» 

Der erste Grund, in dem alle anderen Gründe enthalten sind, ist der: Gottes Thron steht dort. Damit, dass der Mensch sich gegen Gott erhob, kam alles Leid in die Welt. Wenn der Mensch wiederum Gottes Willen unterworfen ist, wird kein Leid mehr sein. Der Thron Gottes ist auch der Thron des Lammes, denn Gott richtet Seine Herrschaft auf durch das Lamm, das heisst, durch das Leiden und Sterben Seines Sohnes. Gott legte den Fluch, der durch die Sünde in die Welt kam, auf Ihn, ja, Er selbst wurde unseretwegen ein Fluch (Gal 3,13.14). Ohne Sein Erlösungswerk wären keine Knechte da, die Ihm dienen, wären keine erlösten Seelen da, die Sein Angesicht sehen, wären keine Menschenkinder da, die den Segen Gottes empfangen. 

«Seine Knechte werden ihm dienen, und sie werden sein Angesicht sehen.» Darum dienen sie Ihm. Gottes Angesicht zu sehen, dazu hat uns Gott Augen gegeben. Solange wir Ihn nicht gesehen haben, werden unsere Augen immer umherschweifen, aber des Sehens nie satt werden (Pred 1,8). Sobald uns aber die Augen aufgehen für Seine Herrlichkeit, wollen wir Ihm gehören, Ihm ergeben sein und Ihm dienen.

Absalom konnte mit unbereinigter Schuld nach Jerusalem zurückkehren, aber er durfte das Angesicht des Königs nicht sehen (2.Sam 14,24). Mit unvergebener Schuld würden wir die Gegenwart des Herrn weder begehren noch ertragen. Wir aber sehnen uns danach, Sein Angesicht zu sehen, und wir werden Ihn sehen, und das mit Freimütigkeit und mit Frohlocken, denn unsere Sünden sind nicht mehr. Wahrlich: «Glückselig sind, die ihre Kleider gewaschen haben im Blut des Lammes» (Off 22,14).

In der neuen Schöpfung wird keine «Nacht», sondern nur noch ein ewiger Tag sein. Gott selbst  wird über den Erlösten «leuchten». Die erste Schöpfung kannte den Wechsel von Tag und Nacht, und damit war angezeigt, dass die ganze Schöpfung dem Wechsel unterworfen war. Damit war auch der Mensch, den Gott als Herrscher über die Schöpfung gesetzt hatte, wandelbar. Er konnte sich vom Guten zum Bösen ändern. Der erlöste Mensch hingegen ist unwandelbar gut, und daher wird er nicht wie Adam vom Guten fallen können. In der neuen Schöpfung wird nur ewiger Tag sein, der nie durch eine Nacht verdrängt wird.

Weil Gott über den vollendeten Gerechten (Hebr 12,23) leuchtet, können sie «herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit». Sein Licht gibt ihnen beides, die Erkenntnis und den Verstand, die sie dazu nötig haben. Sie werden daher nie versagen; sie werden sich auch nie gegen Ihn auflehnen. Da sie Sein Angesicht sehen, werden sie es nicht können und nicht wollen. Sie werden auf immer wissen, wer ihr Gott ist; sie werden wissen, dass Er sie mit ewiger Liebe geliebt hat, und sie werden Ihn darum immer lieben mit einer Liebe, die beständig wächst, ins Unendliche, und im Unendlichen gleich weit, gleich tief und gleich stark sein wird wie die Liebe, mit der Gott sie von Ewigkeit her geliebt hat (Jer 31,3).

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