Die ehemalige hessische Milchkönigin Christina I. sagte zu ihren Erfahrungen in Kindergärten und Schulen: «Viele Kinder wissen nicht, dass Butter aus Milch und die Pommes aus Kartoffeln sind. Und wenn ich dann noch erzähle, dass die Dinger in der Erde wachsen, ist es ganz aus.»1 Kinder wissen nur das, was sie gerade vor Augen haben. Ihnen fehlen Zusammenhänge und Hintergrundwissen. Ähnlich verhält es sich mit der Handhabung der Heiligen Schrift. Es genügt nicht, nur das zu sehen, was gerade vor Augen ist. Es bedarf eines tieferen Einblicks in die Zusammenhänge, damit es nicht zu Fehlinterpretationen kommt.
Das vierte Heilszeitalter: Die Zeit der Patriarchen
1. Mose 12-50: Gott wandte sich einem einzelnen Mann zu (Abraham), um ihn zum Träger der Verheissungslinie auf den Erlöser hin zu machen (1.Mo 15,4; 17,16-19; Mt 1,1-2.17). Diese Segenslinie sollte ausdrücklich über Abrahams Ehefrau Sarah kommen: «Und Abraham sprach zu Gott: Ach, dass Ismael vor dir leben möchte! Da sprach Gott: Nein, sondern Sarah, deine Frau, soll dir einen Sohn gebären, den sollst du Isaak nennen; denn ich will mit ihm einen Bund aufrichten als einen ewigen Bund für seinen Samen nach ihm» (1.Mo 17,18-19). Später erschien Gott Abrahams Sohn Isaak und Isaaks Sohn Jakob in ähnlicher Weise, um die Verheissung des Landes und des Segens für alle Nationen zu bestätigen (1.Mo 12,1-4.7; 26,3-4; 28,13; 35,12).
Der Glaube der Patriarchen
Abraham erhielt die Verheissung für das neue Land erst, nachdem er auf Anordnung Gottes seine Heimat verlassen hatte. Gott führt Schritt für Schritt und bestätigt Gehorsam. «Der HERR aber hatte zu Abram gesprochen: Geh hinaus aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde! … Da ging Abram, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot ging mit ihm. Abram aber war 75 Jahre alt, als er von Haran auszog … Da erschien der HERR dem Abram und sprach: Deinem Samen will ich dieses Land geben! Und er baute dort dem HERRN, der ihm erschienen war, einen Altar» (1.Mo 12,1.4.7). Die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob reagierten auf Gottes Zusagen mit Glauben, indem sie Ihm Altäre bauten (1.Mo 12,7-8; 13,4; 26,25; 33,20; 35,7). Damit gaben sie auch einen prophetischen Hinweis auf das zukünftige Opfer Jesu, in dem alle Verheissungen das «Ja und Amen» Gottes sind (2.Kor 1,20). Auch die – zwar befohlene, aber nicht durchgeführte – Opferung von Abrahams Sohn Isaak, auf dem Gebirge in Morija, ist ein prophetischer Hinweis auf den Opfertod Jesu am Kreuz auf Golgatha, was ebenfalls in Morija geschah (1.Mo 22,2). «Und Abraham nannte den Ort: ‹Der HERR wird dafür sorgen›, sodass man noch heute sagt: Auf dem Berg wird der HERR dafür sorgen!» (1.Mo 22,14). Sein Glaube wurde Abraham zur Gerechtigkeit angerechnet und dadurch wurde er zu einem Freund Gottes (1.Mo 15,6).
Abraham, Vater der Gläubigen
Die Bezeichnung «Hebräer» wird in der Bibel zum ersten Mal für Abraham verwendet (1.Mo 14,13). Er wurde Prophet genannt und leistete Fürbitte vor Gott für andere (1.Mo 20,7; 18,16-33). Mit Abraham wurde einem Sünder zum ersten Mal die Rechtfertigung aus Glauben zugesprochen. Er war somit der Vater aller Gläubigen. Das Neue Testament erwähnt diese Rechtfertigung dreimal (Röm 4,3; Gal 3,6; Jak 2,23). «Und so erfüllte sich die Schrift, die spricht: ‹Abraham aber glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet›, und er wurde ein Freund Gottes genannt» (Jak 2,23). Abraham erhielt als Vater aller Gläubigen eine doppelte Verheissung:
– Seine Nachkommenschaft wird wie der «Staub auf der Erde» bzw. der «Sand am Ufer des Meeres» sein (1.Mo 13,16; 22,17). Das ist ein Hinweis auf das irdische Volk Abrahams, das Volk Israel.
– Seine Nachkommenschaft wird wie «die Sterne am Himmel» sein (1.Mo 22,17). Das ist eher ein Hinweis auf das geistliche bzw. himmlische Volk, die Gläubigen des Neuen Bundes, die Gemeinde.
Die Juden sind Abrahams Kinder dem Fleische nach (Joh 8,33ff.). Jesus Christus ist ein Nachkomme Abrahams (Hebr 2,17). Wir sind durch die Wiedergeburt Jesu «Geschwister» geworden (Röm 8,15-17; Eph 3,6). Alle Gläubigen sind auch Abrahams Kinder (Gal 3,6-9). Gott ist der Vater Israels (Jes 64,7) und der Vater aller Kinder Gottes (die Gläubigen, vgl. Gal 4,6). Demnach sind wir, die Gemeinde, mit Israel verwandt.
Der Bund mit den Patriarchen
Gottes Bund mit Abraham und seinen Nachfolgern ist ein ewiger Bund, der durch nichts gebrochen werden kann, nicht einmal durch das Gesetz (1.Mo 17,7; Röm 9,4-5). «Das aber sage ich: Ein von Gott auf Christus hin zuvor bestätigtes Testament wird durch das 430 Jahre danach entstandene Gesetz nicht ungültig gemacht, sodass die Verheissung aufgehoben würde» (Gal 3,17). Die Beschneidung wurde von Gott angeordnet. Sie begründete die Zugehörigkeit zu Seinem Volk und ist ein Bundeszeichen mit Abraham und seinen Nachkommen, bereits vor der Gesetzgebung (1.Mo 17,9-10). Die Beschneidung hat allerdings zwei Grundlagen. Eine ist dem Gesetz verpflichtet, das ist die «Beschneidung Moses» (Joh 7,22; Apg 15,1). Diese ist aufgehoben, weil Jesus in allem des Gesetzes Erfüllung ist: «Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist» (Gal 5,6). Die andere Beschneidung, an Abraham gegeben, bestätigt die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk und den Bund Gottes mit Abraham. Diese ist nicht aufgehoben. Das ist der Grund, warum auch an Jesus gläubige Juden, die dem Gesetz nicht mehr unterworfen sind, ihre Kinder beschneiden lassen. Paulus liess Timotheus denn auch beschneiden, weil er eine jüdische Mutter hatte (Apg 16,1-3). Titus hingegen, der Grieche war, sollte sich ausdrücklich nicht beschneiden lassen (Gal 2,1-5). Gott bestätigte Seinen Bund mit Abraham gegenüber Isaak (1.Mo 26,1-6) und Jakob (1.Mo 28). Aus Jakob wurde schliesslich Israel (1.Mo 32,29; 35,10). Seine Nachkommen begründeten die zwölf Stämme Israels (1.Mo 49).
Das Versagen der Patriarchen
Doch diese Männer kamen zwischendurch immer wieder zu Fall. Hätte Gott sie nicht bewahrt, wären Abraham und seine Nachkommen kläglich untergegangen. So verleugnete Abraham seine Frau (1.Mo 20,1-2). Ähnlich handelte später Isaak (1.Mo 26,7). Abraham zeugte mit seiner Magd Hagar Ismael (1.Mo 16). Jakob betrog Bruder und Vater, sodass er fliehen musste (1.Mo 27). Sein Sohn Juda hatte Geschlechtsverkehr mit der Schwiegertochter Tamar (1.Mo 38). Familiäre Not, Schweigen Gottes, der Verlust kostbarer Zeit und die Geburt Ismaels als Feind Isaaks (1.Mo 25,18) waren die Folgen. Und aus Lots Fehlverhalten mit seinen Töchtern gingen die Moabiter und Ammoniter hervor (1.Mo 19,30-38). Doch Gott griff viele Male rechtzeitig ein. Von Sünde verursachte Situationen der Väter lenkte der Herr zum Besten. Ihn kann nichts überraschen oder irritieren. Der Herr behält alles unter Kontrolle – zur Verherrlichung Seines Namens und zur Einführung Jesu in die Welt.
Die fünfte Heilszeit: die Zeit des Gesetzes
Die Zeit des mosaischen Gesetzes reichte bis Pfingsten (2. Mose bis Johannesevangelium). Erst in Apostelgeschichte 2 wurde sie abgelöst. So gehören auch die Evangelien zum Zeitalter des Gesetzes. Mit diesem Wissen ist vieles besser zu verstehen. Die Zeit Jesu war der Übergang von Zeit des Gesetzes zur Heilszeit der Gnade. Die Wahrheit war in den Evangelien noch nicht endgültig offenbart. Jesus sagte diesbezüglich: «Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, so wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen» (Joh 16,13). Später folgten die vom «Geist der Wahrheit» inspirierten Briefe der Apostel für die Gemeinde. Gleichwohl ist alles in der Bibel das inspirierte Wort Gottes und redet zu uns und ermahnt uns (1.Kor 10,11). Doch vieles betrifft nur Israel, manches nur die Nationen und anderes auch die Gemeinde. Beispielsweise betete Jesus im hohepriesterlichen Gebet (Joh 17) zunächst nur für sich (V 1-5), dann nur für die Apostel (V 9-19) und erst am Schluss für die zukünftige Gemeinde (V 20-26). Oder würden wir es wagen zu beten: «Vater, verherrliche mich»? (V 1).
Besondere Kennzeichen der Zeit des Gesetzes
Gott handelte vornehmlich mit einem einzigen Volk, um dadurch alle Völker zu segnen (Mt 1,1-2; Gal 3,6-9). Er gab Israel (nicht den Völkern) durch Mose einen weiteren Bund: das Gesetz. Mit diesem Gesetz war Segen und Fluch verbunden (5.Mo 28). Das Gesetz, die Stiftshütte, der Tempel, die Opfer, das Priestertum, die Könige und Propheten bereiteten schliesslich die Erlösung in Jesus vor. Gott schenkte ein Zentralheiligtum, zunächst die Stiftshütte, später den Tempel in Jerusalem. Jesus wurde des Gesetzes Ende, indem Er für die Menschheit die Grundlage schuf, ohne Werke gerecht zu werden. Durch Seinen Tod und Seine Auferstehung musste niemand mehr das Gesetz erfüllen. Da es keiner halten konnte, brachte das Gesetz immer den Tod. Jesus war der Einzige, der es vollkommen hielt. Wer nun in Christus ist, hat das Gesetz erfüllt und darf ewig leben (Röm 10,4-5; Gal 3,11-14).
Das Versagen Israels unter dem Gesetz
Nachdem Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten geführt worden war und das Gesetz bekommen hatte, begann es wenig später zu murren und wollte nach Ägypten zurück. Israel konnte das Gesetz nicht halten. Schliesslich verschmähten sie das verheissene Land (2. – 5. Mo). Zunächst versagten immer wieder die einzelnen Stämme und später die Könige Israels (Josua über Richter bis Maleachi). Und am Ende wurde der verheissene Erlöser Jesus Christus verworfen, eine Sünde gegen den Heiligen Geist. Das wiederholte Versagen hatte verschiedene Folgen. Einer ganzen Generation wurde der Einzug in das verheissene Land verwehrt (4.Mo 14). Der Ungehorsam führte zur Teilung des Landes in ein Nord- und Südreich (1.Kön 11,30-33). Immer wieder herrschten fremde Völker im Land (die Philister, später die Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen und schliesslich die Römer). Israel verlor den Tempel zweimal (Jer 39; 52). Und Gott schwieg 400 Jahre – von der Zeit Maleachis bis zum Kommen Jesu. Danach kam es zur Zerstreuung der Juden in alle Welt (Lk 21,20-24).
Das mosaische Gesetz
Beim Sinaibund (Sinaigesetz), dem mosaischen Gesetz, handelt es sich um 248 Gebote und 365 Verbote (insgesamt 613 Bestimmungen), zu denen auch die Zehn Gebote gehören. Es geht dabei nicht um Gottes gerechten Willen, Seine Anordnungen oder Ansprüche für unser Leben an und für sich. Die heiligen Prinzipien des Herrn gelten immer, auch ohne mosaisches Gesetz. Auch ohne die Zehn Gebote wird in der Bibel deutlich, dass Sünde Sünde ist, dass Mord Mord ist, dass man nicht stehlen darf, dass Ehebruch ein Vergehen ist, dass man den Nächsten nicht übervorteilen soll, dass nur ein Gott ist usw. Gott richtete die Menschen sogar schon vor der Gesetzgebung, was diese Wahrheit unterstreicht (z.B. die Sintflut, Sprachverwirrung bei Babel, Vernichtung Sodoms usw.). Ferner konnten die Menschen schon vor dem Sinaibund ein gerechtes, Gott wohlgefälliges Leben führen. Wir sehen das zum Beispiel an Abel (Hebr 11,4), Henoch (Hebr 11,5), Noah (1.Mo 6,9), Hiob (Hiob 1,8), Abraham (Jak 2,23) oder Lot (2.Petr 2,7). Auch ohne mosaisches Gesetz soll der Mensch nicht «gesetzlos» sein. Der heilige Wille Gottes und Seine Prinzipien gelten zu jeder Zeit, vor und nach der Gesetzgebung. Das Gesetz ist zu einer speziellen Heilszeit hinzugefügt worden (Gal 3,19). Es diente Israel als Zuchtmeister auf Christus hin (Gal 3,24).
Widersprechen die Apostel Jesus?
Jesus sagte in der Bergpredigt: «Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen! Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, der wird groß genannt werden im Reich der Himmel. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, so werdet ihr gar nicht in das Reich der Himmel eingehen!» (Mt 5,17-20).
Nun erklärte aber der Apostel Paulus unter anderem: «Denn die Sünde wird nicht herrschen über euch, weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade» (Röm 6,14). «Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden … Jetzt aber sind wir vom Gesetz frei geworden …» (Röm 7,4.6). «Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt» (Röm 10,4). «Indem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinwegtat …» (Eph 2,15). «Denn wenn das, was weggetan wird, mit Herrlichkeit kam, wie viel mehr wird das, was bleibt, in Herrlichkeit bestehen!» (2.Kor 3,11). Ferner führte Paulus aus, dass wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister des Gesetzes sind (Gal 3,24-25). Dabei benutzte er Hagar, die Magd Abrahams und Mutter Ismaels, als Sinnbild für das Gesetz und Sarah und ihren Sohn Isaak als Sinnbild für die Freiheit im Geist (Gal 4,21-31). «Was aber sagt die Schrift? ‹Treibe die Magd hinaus und ihren Sohn! Denn der Sohn der Magd soll nicht erben mit dem Sohn der Freien›» (Gal 4,30).
Der Hebräerbrief erklärt den ersten Bund unter dem Gesetz als ersetzt durch den zweiten Neuen Bund in Jesus (Hebr 8,6-7). Der erste Bund sei «veraltet», «überlebt» und «verschwindend» (Hebr 8,13). Und in Hebräer 13,9-13 werden die bekehrten Juden dazu aufgerufen, das jüdische Lager der gesetzlichen Zeremonien und Riten zu verlassen. Wie passt das nun mit den Aussagen Jesu in der Bergpredigt (Mt 5,18-19) zusammen?
Das Gesetz einer bestimmten Heilszeit
«Und die Schrift kann doch nicht ausser Kraft gesetzt werden» (Joh 10,35). Das Neue Testament betont ausdrücklich, dass man dem ganzen Gesetz verpflichtet ist (Gal 3,10; 5,2-4; Jak 2,10). Wenn wir meinen, wir stünden noch unter dem Gesetz, dann wären wir auch verpflichtet, es ganz zu halten. Die Einhaltung des Sabbats oder der Beschneidung dürften wir nicht ausklammern, sonst stünden wir unter den Strafen des Gesetzes. Genau diese Tatsache bringen die Autoren des Neuen Testaments als Argument dafür, dass wir nicht mehr unter dem Gesetz stehen. Wir müssen beachten, dass das mosaische Gesetz zu einer bestimmten Heilszeit gehörte. Es ist der Sinaibund mit Israel (2.Mo 20,1-2ff.; 24,7). Die Heiden besassen dieses Gesetz gar nicht (Röm 2,12; 9,30). «So hat er an keinem Heidenvolk gehandelt, und die Rechtsbestimmungen kennen sie nicht» (Ps 147,20). Das ist auch der Grund, warum die Juden in der Apostelgeschichte zur Busse aufgerufen wurden: sie besassen ja das Gesetz (Apg 2,38; 3,19). Die Heiden hingegen wurden direkt zum Glauben gerufen (Apg 10,43-44; Eph 1,13). Israel findet über Busse zum Glauben, die Heiden finden über Glauben zur Busse.
Durch die Gesetzgebung am Sinai verwaltete Gott speziell das Volk Israel. Davor gab es so etwas nicht. Der Herr Jesus selbst war zunächst nur für die Juden gekommen und sprach zu ihnen (Mt 15,24). Es ging zuerst um Seine Ankunft als Messias für Israel und die Aufrichtung Seines Reiches in Israel.
Erfüllung des Gesetzes in Jesus
Der Neue Bund trat mit dem Tod und der Auferstehung Jesu in Kraft. Das war gleichsam die Einführung in eine neue Heilszeit: «Denn wo ein Testament ist, da muss notwendig der Tod dessen eintreten, der das Testament gemacht hat; denn ein Testament tritt auf den Todesfall hin in Kraft, da es keine Gültigkeit hat, solange derjenige lebt, der das Testament gemacht hat» (Hebr 9,16-17). Darum setzte der Herr das Abendmahl (Mt 26,6-28) zum Neuen Bund so kurz vor Seinem Tod ein.
Jesus zeigt durch Seine Worte in Matthäus 5,17-20 auf, dass es unmöglich ist, durch das Gesetz in das Reich der Himmel zu gelangen. Ausserdem steht das Wort «Gesetz» in Matthäus 5,18 für das ganze Alte Testament. Das ganze Alte Testament wurde und wird durch Jesus erfüllt.
Für diejenigen Juden, die nicht an Jesus glauben, behält das Gesetz volle Gültigkeit, sie werden nach dem Gesetz gerichtet und gehen ewig verloren (Mt 5,18). Die Bibel sagt deutlich, dass durch des Gesetzes Werke niemand vor Gott gerecht wird (Röm 3,20.28; Gal 2,16; 3,10; Offb 20,12-15). Darum werden die Verlorenen laut Offenbarung 20 nach ihren Werken gerichtet und nicht nach Gnade. Die Heiden, die nicht in Christus sind und kein Gesetz haben, gehen ohne Gesetz verloren, weil sie das Gewissen besitzen (Röm 2,11-16; 1.Tim 1,7-11). Diejenigen aber, die in Christus Jesus sind, stehen nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade. Ihre Gerechtigkeit übertrifft die der Schriftgelehrten bei Weitem (Mt 5,20). Jesus ist es, der das Gesetz übertrifft. «Denn die Sünde wird nicht herrschen über euch, weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade» (Röm 6,14).
Die Aufhebung des Sinaibundes für das Zeitalter der Gemeinde bedeutet aber nicht, dass Gottes Wille nicht mehr gültig wäre. Wir sind zum vollkommenen Gesetz der Freiheit berufen, sollen aber Täter des Wortes Gottes sein (Jak 1,25). Nach dem Gesetz der Freiheit sollen wir gerichtet werden (Jak 2,12). Wir haben ein königliches Gesetz empfangen, nämlich «unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst» (Jak 2,8; Gal 5,14). Wer Gott liebt, wird Ihn nicht betrüben wollen. Der nimmt Sein Wort ernst und wird keine anderen Götter neben Ihn stellen. Und wer seinen Nächsten liebt, wird diesem auch nicht schaden wollen (Röm 13,9-10). Wir sind zum Glaubensgehorsam für den Namen Jesu aufgerufen (Röm 1,5) und Ihm gesetzesmässig unterworfen, ohne dem Sinaigesetz unterstellt zu sein (1.Kor 9,20-21; Gal 6,2).