Die letzte Bitte der Bibel (Teil 1)

«Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; komm, Herr Jesus!» (Offb 22,20).

Der Theologe Samuel Keller fuhr einmal im Zug und las in der Bibel. Da sagte ein Mitreisender zu ihm: «Das Buch ist doch altmodisch und überholt.» Keller antwortete: «Stellen Sie sich einmal vor, es erscheint eines Tages ein Buch mit unwahrscheinlichen Prophezeiungen für die nächsten vier Jahre. Alle Leute lachen über dieses Buch. Aber dann gehen im Jahr darauf die ersten Prophezeiungen in Erfüllung. Die Leute sagen: ‹Das ist Zufall›. Aber nun gehen auch die Prophezeiungen im zweiten und dritten Jahr in Erfüllung. Was würden Sie daraus schliessen?» Der Mitreisende antwortete: «Ich würde daraus entnehmen, dass dieses Buch doch die Wahrheit sagt und die restlichen Prophezeiungen auch in Erfüllung gehen.» Darauf Keller: «So ist es mit der Bibel, nur dass die Prophezeiungen viel weitergehen als auf nur vier Jahre, nämlich auf einige 1.000 Jahre! Etwa drei Viertel aller biblischen Prophezeiungen sind schon erfüllt. Da würde ich nicht sagen, das Buch ist überholt. Sondern ich würde als sicher annehmen, dass auch das Letzte erfüllt wird.»

Jesus, der die Prophetie der Bibel bezeugt, spricht: «Ja, ich komme bald.» Und als Reaktion auf dieses Versprechen steht die letzte Bitte in Gottes Wort: «Amen; komm, Herr Jesus!» (Offb 22,20).

Ein Testament, der Letzte Wille, ist unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen grundsätzlich verbindlich. Es drückt aus, was dem verstorbenen Menschen besonders am Herzen lag und vom Erben unter allen Umständen berücksichtigt und umgesetzt werden soll. Und die letzte Bitte am Ende der Bibel drückt aus, was dem allmächtigen Gott grundsätzlich wichtig ist und was wir uns als Gemeinde immer vor Augen halten sollten.

Alle Prophezeiungen und Verheissungen, alle biblischen Offenbarungen, der gesamte Heilsplan Gottes mit der Menschheit, der komplette göttliche Ratschluss und alle menschlichen Entwicklungen über die Jahrtausende hinweg münden in die Erfüllung dieses Ereignisses: «Ja, ich komme bald.» Und für die Gemeinde des Herrn Jesus sollte es darauf nur eine Antwort geben: «Amen; komm, Herr Jesus!»

Die gesamte Schöpfung sehnt sich nach Seinem Kommen, die himmlischen Heerscharen sind auf diesen Tag fixiert, die dämonische Welt erzittert vor diesem Moment und die Ereignisse der Zeit rufen danach. Und tatsächlich ist es so, dass wir heute mehr als je zuvor allen Grund haben, an die baldige Wiederkunft unseres Herrn Jesus zu glauben. So ähnelt die Situation heute interessanterweise der Welt zur Zeit des ersten Kommens Jesu. Im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt geschahen viele Dinge, die wir in unserem Jahrhundert wiederfinden – und das nicht grundlos:

  • Dank der Daniel-Visionen wussten die Juden zur Zeit Jesu, dass das Reich Gottes bevorstand. Viele lebten daher in einer Naherwartung.
  • Die heidnischen Weisen aus dem babylonischen Raum wussten wahrscheinlich ebenfalls um Daniels Prophetien und reisten, als Jesus geboren wurde und sie den Stern am Himmel sahen, in Erwartung des Messias nach Jerusalem.
  • Der alte Simeon erwartete den Trost Israels (Lk 2,25).
  • Die Prophetin Hanna redete aufgrund dessen bei der Darstellung und Beschneidung Jesu im Tempel zu allen in Jerusalem, die auf die Erlösung warteten (Lk 2,36–38).

Gott hatte ja dem Propheten Daniel durch die Vision der Statue (Dan 2) und der Vision der Tierreiche (Dan 7) geoffenbart, dass nach den ersten drei Weltreichen (Babylon, Medo-Persien und Griechenland) ein viertes, viel mächtigeres Weltreich auf der Weltbühne erscheinen würde – Rom –, und dass während dieses vierten Weltreiches das Reich Gottes anbrechen würde.

Die Juden wussten, dass drei Weltreiche bereits Geschichte waren. Babylon, Persien und Griechenland lagen hinter ihnen, und das damals aktuelle war Rom – das vierte Reich. Demnach musste das Gottesreich bald anbrechen, und das war ja dann auch die Botschaft Johannes des Täufers, die Botschaft Jesu und die der Apostel: «Tut Busse …» Sie verkündeten die Naherwartung des Reiches der Himmel, denn mit Jesus war der Messias, der König des Gottesreiches, gegenwärtig (Mt 3,2; 4,17; 10,7; Apg 3,19–21).

So begann damals mit dem ersten Kommen Jesu Christi die Endzeit. Die Apostel verkündeten die Wiederkunft Jesu als unmittelbar bevorstehend (1.Petr 4,7; Jak 5,8.9; 1.Joh 2,18; Hebr 10,25; Tit 2,13; 1.Tim 6,14; 2.Thess 2,1; 1.Thess 5,23; 1.Thess 4,13–18; Phil 4,5; 1.Kor 10,11; 1.Kor 7,29). Doch aufgrund der Verwerfung Jesu durch das jüdische Volk und gemäss Gottes unergründbarem Plan, der Apostel Paulus nennt ihn ein «Geheimnis», wurde das sichtbare Reich hinausgeschoben und die Gemeinde Jesu eingeschoben.

Heute, 2.000 Jahre nach diesen Ereignissen, leben wir am Ende der Endzeit und die Gegebenheiten sind ähnlich wie im 1. Jahrhundert bei der ersten Ankunft Jesu.

In den Tagen, als unser Herr auf Erden war, gab es ein vereinigtes Römisches Reich. Es gab einen grossen Wirtschaftsraum, der einen globalen Handel ermöglichte, wie es nie zuvor der Fall gewesen war. Grenzen gab es grösstenteils keine mehr. Wer Römer war, hatte Zugang zu allen Ländern – eine Art Schengener Abkommen. Griechisch war sozusagen die «englische Sprache» der Antike. Und es existierte eine für damalige Verhältnisse nie dagewesene Verkehrsstruktur, Kommunikation und Infrastruktur. Post- und Rechtswesen sowie Kulturaustausch waren beispiellos. Damals herrschte innerhalb des Römischen Reiches ein Wohlstand, wie er in diesem Umfang erst wieder in unserer Endzeit erreicht worden ist. Die moderne Gesetzgebung und Rechtsprechung in der westlichen Welt gründet sich auch nach wie vor auf römisches Gedankengut.

Norbert Lieth absolvierte seine theologische Ausbildung an der Bibelschule des Mitternachtsruf in Südamerika und war dort auf verschiedenen Missionsbasen tätig. Ein zentraler Punkt seines weltweiten Verkündigungsdienstes ist das prophetische Wort Gottes.
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