Es gibt, wie ich meine, vier Dinge, die wir über Paulus sagen können: Erstens, niemand hat eine so radikale Bekehrung und Berufung erlebt wie er. Zweitens, niemand bezeugt so radikal seine Abwendung vom alten Leben und seine Hingabe zu einem neuen Leben in Christus. Drittens, niemand verkündet den radikalen Ernst der Sünde und die Vollkommenheit der Gnade tiefer als Paulus. Viertens, niemand erhält im Neuen Testament so radikal neue Offenbarungen wie dieser Apostel.
Sicher nicht zu Unrecht wird Paulus der «grösste neutestamentliche Jesus-Verkündiger» genannt. Allein die Anzahl seiner Briefe und welchen Raum seine Tätigkeit in der Apostelgeschichte einnimmt, bestätigen das. Während die Judenapostel mehr oder weniger unter den Juden arbeiteten, war es der Heidenapostel Paulus (nicht die Judenapostel), der die damalige Nationenwelt mit der Rettungsbotschaft von Jesus erreichte. Er ging hin «in alle Welt …» (Mt 28,15; 16,15). Schon diese Tatsache sollte aufhorchen lassen (Kol 1,23).
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Herr Jesus im Johannesevangelium (das meines Erachtens das Übergangsevangelium zur Nationenwelt ist) dem Petrus nicht etwa sagte: «Gehet hin in alle Welt», sondern: «weide meine Schafe» (Joh 21,16-17). Wer sind denn die Schafe Jesu? Der gläubige Teil des Volkes Israel (Hebr 13,20). Und tatsächlich blieb Petrus bei den Juden (Gal 2,9). Seine Briefe richten sich an die Diasporajuden, und ihnen gegenüber spricht er von dem Hirten (1Petr 2,25; 5,4). Paulus aber wurde der Nationenapostel.
Diesbezüglich finden wir einen interessanten Hinweis im Alten Testament. Da spricht der Messias als Knecht Gottes: «Hört auf mich, ihr Inseln, und hört zu, ihr Völkerschaften in der Ferne! Der Herr hat mich berufen von Mutterleib an, hat von meiner Mutter Schoss an meinen Namen erwähnt … ja, er spricht: Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde» (Jes 49,1.6). – Zwei Begriffe sind in diesem Text auffallend: zum einen «Inseln» und zum anderen «Ende der Erde».
- «Hört auf mich, ihr Inseln (iy.yim) … ihr Völkerschaften in der Ferne!» – Mit diesem Wort, so Dr. Roger Liebi, sei Europa gemeint. Und zwar das Europa, das durch den Apostel Paulus erreicht worden ist. Es wurde von Gott zuerst für diese Rettung vorbereitet. Darum auch die Bitte des mazedonischen Mannes: «Und es erschien Paulus in der Nacht ein Gesicht: Ein gewisser mazedonischer Mann stand da und bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!» (Apg 16,9).
- «Ich habe dich auch zum Licht der Nationen (go.yim) gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde.» – Mit diesem Begriff sind alle anderen Völker ausserhalb Europas gemeint, eben bis an das Ende der Erde. Deshalb zitiert der Apostel Paulus diesen Vers auch, als die Juden der Botschaft widerstanden (Apg 13,45-48).
Die Reihenfolge ist demnach Folgende: Erstens, Israel = Judenapostel; zweitens, Europa = Apostel Paulus; drittens, Rest der Welt = europäische Missionare. Wegen dieser Besonderheiten und Offenbarungen, die zur Berufung des Paulus gehörten, wurde auch niemand radikaler verfolgt und gehasst als er.
Auch du bist etwas Besonderes für Gott, auch wenn du keine Paulusberufung hast. Als Gott dich schuf, machte Er dich anders als jeden anderen Menschen, weil Er wollte, dass du einmalig bist. Bei dem Preis, den Sein Sohn für die Erlösung zahlte, dachte Er auch an dich. Seine Offenbarung dir gegenüber ist einmalig. Deine Bekehrung ist einzigartig. Gott hat Seinen Sohn auch in dir offenbart. So ist dein Wirkungskreis, in den Er dich stellte, ein ganz besonderer und einmaliger – ein nicht immer leichter, aber ein von Ihm für dich erwählter. Er hat dich dazu berufen, die Welt zu erreichen, die dich umgibt. Vergiss daher nicht das Ziel, das Er mit dir erreichen will, die Liebe, die Er durch dich weitergeben will, die Frucht, die Er durch dich wirken will, und den Weg, den Er dich leitet!