Der Geburtsort Christi im Wandel der Zeit – Teil 2

Vor bald 2000 Jahren wurde Jesus in Bethlehem geboren. Warum gerade dort? Nicht nur, weil der Prophet Micha (Kap 5,1) es so vorausgesagt hat, sondern weil Bethlehem auf Deutsch «Brothausen» heisst. Später hat der Herr Jesus der Wahrheit gemäss gesagt: «Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, wird nimmermehr dürsten» (Joh 6,35). Machen wir uns nun miteinander auf den Weg nach Bethlehem. Was ereignete sich dort in der Vergangenheit, und was sehen wir heute?

Eine einzigartige Liebesgeschichte
An diesem Ort spielte sich übrigens in der Richterzeit, am Ende des 2. Jahrtausends v.Chr., die im Buch Ruth geschilderte Liebesgeschichte zwischen Boas und Ruth ab. Er war ein Israelit, sie eine Moabitin – im heutigen Sprachgebrauch könnte man sagen: ein Israeli und eine Jordanierin. War das nicht ziemlich problematisch? Diese Beziehung ging gut, sehr gut sogar, aber aus einem ganz bestimmten Grund. Ruth wandte sich aus innerer Überzeugung von der Religion ihrer Vorfahren ab und suchte Zuflucht unter den Fittichen des Gottes Israels, des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs. Somit bejahte sie auch die Verheissungen des Ewigen gegenüber Israel. Die Ehe von Ruth und Boas war mit Nachkommenschaft gesegnet. Einer der Enkel sollte in der Weltgeschichte eine besondere Bedeutung erlangen: David, der grosse König, der Israel politisch zur höchsten Glanzzeit führte. Der weise Salomo konnte sein Friedensreich auf den verblüffenden militärischen Erfolgen seines Vaters David aufbauen.

Bethlehem in der Prophetie
Im 8. Jahrhundert v.Chr. geriet Bethlehem auf besondere Weise ins Visier der biblischen Prophetie. Micha, der Moraschtiter, verkündigte, dass der verheissene Erlöser aus dem davidischen Geschlecht dereinst in Bethlehem geboren werden sollte: «Und du, Bethlehem, Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.»

Heilsgeschichte trotz politischen Wirrwarrs
Die Propheten Israels verkündigten viele Hundert Details über den Messias. Der letzte Prophet des Alten Testaments war Maleachi, um 400 v.Chr. Als Bethlehem unter persischer Fremdherrschaft stand, sprach auch er nochmals von dem heiss Ersehnten. Danach gab es keine Schriftpropheten mehr. Im Talmud, dem wichtigsten theologischen Werk des Judentums, heisst es: «Nach den Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi wich der Heilige Geist von Israel.» Um 330 v.Chr. kam Bethlehem unter griechische Fremdherrschaft. Im Jahr 63 v.Chr. marschierten die Römer in Judäa ein. Um 40 v.Chr. ernannte der römische Senat einen «Jordanier», den Edomiter Herodes, zum «König der Juden» und damit auch zum Herrscher über Bethlehem. (Das Heimatland der Edomiter lag ursprünglich in Jordanien.) Doch das Harren auf den «Kommenden», wie man im jüdischen Volk den Messias oft nannte, endete nicht, sondern wurde immer gespannter – bis eines Nachts ein himmlischer Bote den Hirten auf Bethlehems Feldern die gewaltigen Worte verkündigte: «Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die für das ganze Volk sein wird; denn euch ist heute, in Davids Stadt, ein Erretter geboren, welcher ist Christus, der Herr.» Grosse Freude, weil in «Brothausen» endlich Der erschienen war, der von sich sagen konnte: «Ich bin das Brot des Lebens» (Joh 6,48). Grosse Freude, obwohl das jüdische Städtchen Bethlehem nach wie vor unter der Fremdherrschaft litt! Wir lernen daraus: Die heilsgeschichtliche Tatsache, dass Gott Mensch geworden ist, soll alle anderen Dinge, alle Sorgen und Nöte, in den Schatten stellen. Die Freude des Glaubens hängt nicht davon ab, ob politische Probleme oder andere Konflikte und Nöte gelöst sind oder nicht. Das Kommen Jesu in unsere Welt bringt tiefe Freude für einen jeden, der in Ihm wirklich Christus, den Sohn des lebendigen Gottes erkannt hat. Sein Kommen ist die Garantie, dass Gott alle noch ausstehenden Verheissungen zu Seiner Zeit und nach Seinem Plan erfüllen wird.

Roger Liebi studierte Musik, Sprachen der biblischen Welt (Griechisch, klassisches und modernes Hebräisch, Aramäisch, Akkadisch) und Theologie. Er ist Referent und Bibellehrer in verschiedenen Ländern. Als Bibelübersetzer hat er im Rahmen diverser Projekte mitgewirkt.
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