Jesus kehrt erst zurück, nachdem wir Ihn als den Gepriesenen anerkennen, der im Namen des Herrn kommt. Er kehrt erst zurück, nachdem wir flehen und Busse darüber tun, dass wir Ihn – den von uns Durchbohrten – verschmäht haben.
Aber damit wir Busse darüber tun können, dass wir Ihn verschmäht haben, müssen wir zuerst hören, was Er für uns getan hat. Wir müssen die Evangeliumsbotschaft hören.
Die Worte aus Sacharja 12,10 stellen keinen Freibrief zum Unterlassen oder Aufschieben der Überbringung des Evangeliums ans jüdische Volk dar. Viel eher sollten uns die Worte dieses Verses dazu motivieren, das Evangelium noch inbrünstiger mit unseren jüdischen Freunden und Verwandten zu teilen – in Erwartung jenes Tages, an dem sich diese Prophetie erfüllen wird.
Ein zweiter Grund widerspricht der Meinung, Sacharja 12,10 erlaube uns heute das Umgehen oder Aufschieben der Evangelisationsarbeit unter Juden: Weder der Herr noch Seine Apostel hielten sich an diese irrige Sichtweise. Stattdessen glaubten sie, dass gegenwärtige Evangelisationsarbeit unter Juden in höchstem Masse angebracht sei. Woher wir das wissen? Nun, hätten sie der Vorstellung geglaubt, dass Sacharja 12,10 die Lizenz zum Übergehen oder Aufschieben dieser Arbeit beinhalte, dann hätten weder Jeschua noch Seine Nachfolger ein derartiges Mass an Zeit, Energie und herzlicher Leidenschaft aufs Evangelisieren der jüdischen Menschen ihrer Tage aufgewandt.
Schliesslich sollten wir uns noch die Frage stellen: Was ist mit all den jüdischen Menschen, die heute noch leben, jedoch in diesem Augenblick nationaler Busse (wann immer er stattfinden mag) nicht mehr am Leben sind? Was ist mit meinem Vater David, der die Wiederkunft des Herrn wahrscheinlich nicht mehr miterlebt, sofern Er nicht gerade in sehr naher Zukunft wiederkommt? Sind mein Vater und alle übrigen jüdischen Menschen davon ausgenommen, jetzt zu glauben? Erhalten sie nach Jeschuas Wiederkunft eine zweite Chance? Bekommen sie noch eine weitere Möglichkeit zur Umkehr, nachdem sie gestorben sind? Nicht laut der Heiligen Schrift. Der Heilige Geist sprach ursprünglich jüdische Menschen an, als Er durch den Schreiber des Hebräerbriefes äusserte: «Es [ist] den Menschen bestimmt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht» (Hebr 9,27). Und durch den Propheten Daniel verkündete er: «Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen; die einen zum ewigen Leben, die anderen zur ewigen Schmach und Schande» (Dan 12,2). Weder für Juden noch für Irgendjemanden sonst gibt es nach dem Tod noch eine zweite Chance.
Aber versichert uns Paulus denn nicht unter Inspiration des Heiligen Geistes, dass ganz Israel gerettet wird? Doch, das tut er. Nur bezieht sich «ganz Israel» durchaus nicht auf alle lebenden und toten jüdischen Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart. Wir müssen uns einer tragischen und zutiefst beunruhigenden biblischen Wahrheit stellen, wenn wir Paulus’ Aussage über die Errettung «ganz Israels» richtig verstehen wollen. Dieses «ganz Israel» bezieht sich nämlich auf jenes Drittel von uns Juden, das die (dem jüdischen Volk noch bevorstehende) entsetzlichste aller Zeiten überlebt.
«Und es soll geschehen, spricht der Herr, dass im ganzen Land zwei Drittel ausgerottet werden und umkommen, ein Drittel aber soll darin übrig bleiben. Aber dieses Drittel will ich ins Feuer bringen und es läutern, wie man Silber läutert, und ich will es prüfen, wie man Gold prüft. Es wird meinen Namen anrufen, und ich will ihm antworten; ich will sagen: ‹Das ist mein Volk!›, und es wird sagen: ‹Der Herr ist mein Gott!›» (Sach 13,8–9).
Es ist brutal hart, sich eine dem Volk bevorstehende zukünftige Katastrophe vorzustellen, schlimmer noch als alles, was im Albtraum des Holocaust über uns gekommen ist. Aber genau das teilt Gott uns durch den Propheten Sacharja mit. Zwei Drittel von uns werden durch die Hand unserer Feinde umkommen. Das übrig bleibende Drittel jedoch wird der Herr erlösen. Und auf diese Weise wird ganz Israel errettet werden.
Bei Seiner Wiederkunft verteidigt der Herr jenes Israel, das Busse getan und das Er bereits geistlich erlöst hat. Dann rettet Er uns, weil wir umgekehrt sind und auf Ihn blicken, den wir durchbohrt haben. Welch eine herrliche Rettung und Rehabilitierung unseres Volkes wird das sein!
«Und es wird geschehen an jenem Tag, da werden lebendige Wasser aus Jerusalem fliessen … Und der Herr wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tag wird der Herr einzig sein und sein Name einzig … Und es wird geschehen: Alle Übriggebliebenen von allen Nationen, die gegen Jerusalem gekommen sind, die werden Jahr für Jahr hinaufziehen, um den König, den Herrn der Heerscharen, anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern» (Sach 14,8.9.16).
Wer unter uns den Herrn kennt und liebt, sehnt sich innig nach Seiner Wiederkunft. Für uns wird sie ein Tag der jauchzenden Freude sein. Dabei vergisst man möglicherweise leicht: Für diejenigen, die bis zu Seiner Wiederkunft noch nicht glauben, ist Sein zweites Kommen kein Tag des Aufjauchzens, sondern ein Tag der Abrechnung und des beispiellosen Schreckens. Wenn Jesus wiederkommt, leitet Er den furchtbaren und schrecklichen Tag des Herrn ein. Die Schilderungen von diesem Ereignis sollten uns – genau wie den Propheten damals – Qualen um all derjenigen willen verursachen, die bei Seiner Wiederkehr womöglich noch im Unglauben vorgefunden werden:
«Wehe über den Tag! Denn nahe ist der Tag des Herrn, und er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen. … Blast das Horn auf Zion und erhebt das Kriegsgeschrei auf meinem heiligen Berg! Beben sollen alle Bewohner des Landes! Denn es kommt der Tag des Herrn, ja er ist nahe: ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und des Wetterdunkels» (Zef 1,15; 2,1–2).
«Heult! Denn der Tag des Herrn ist nahe; er kommt wie eine Verwüstung von dem Allmächtigen! Deshalb werden alle Hände schlaff, und das Herz jedes Sterblichen zerschmilzt. Sie sind bestürzt; Krämpfe und Wehen ergreifen sie, sie winden sich wie eine Gebärende; einer starrt den andern an, ihre Angesichter glühen. Siehe, der Tag des Herrn kommt, unbarmherzig, mit Grimm und Zornglut, um das Land zur Wüste zu machen und die Sünder daraus zu vertilgen» (Jes 13,6–9).
Das ist kein Tag des Heils für diejenigen, die nichts gehört oder den Glauben abgelehnt haben; es ist ein Tag der Rechenschaft. Jesus kommt nicht als Retter jener Menschen, die noch nicht glauben. Er kommt als Richter. Er kommt als der Löwe von Juda.
Ich weiss noch, wie ich einmal gemeinsam mit einem Freund namens Steve Cohen bei einem Rabbiner zu Besuch war, den Steve in seiner Kindheit gekannt hatte. Der Rabbi hiess uns liebenswürdig willkommen und war freundlich genug, sich anzuhören, was Steve ihm mitteilen wollte. Nachdem mein Freund zu Ende gesprochen hatte, zuckte der Rabbi höflich die Achseln und tat die Angelegenheit mit folgenden Worten ab: «Wenn der Messias kommt, und wenn Er sich als euer Jesus entpuppt, dann werde ich glauben.» Ich erinnere mich noch an Steves liebevolle, aber unnachgiebige Antwort: «Wenn Jesus wiederkommt, ist es zu spät.»
Jawohl, bei der Wiederkunft des Herrn wird sich jedes Knie beugen, und jede Zunge wird Jeschua als Herrn bekennen. Dieser Tag markiert das Ende einer siegreichen Schlacht, in der Jesus das umgekehrte und geistlich erlöste Israel gegen all seine Feinde verteidigt. Und am Ende dieser Schlacht werden alle eingestehen, was sich dann nicht mehr länger leugnen lässt – dass Er der Herr ist. Doch werden einige diese Wahrheit mit schallendem Jubel verkünden, der in den Stimmen jener mitschwingt, die einer sicheren Vernichtung entronnen sind. Andere dagegen werden Jesus unter herzzerreissenden Schmerzen über ihren fehlenden Glauben als Herrn anerkennen. Und während viele ihr Knie in Segen und Lob und liebevoller Anbetung beugen werden, beugen andere ihr Knie als unterlegene und bezwungene Feinde.
Heute ist noch nicht der Tag des Herrn. Heute ist noch der Tag des Heils; und die Verkündigung des Evangeliums an alle Völker – Juden wie Nichtjuden gleichermassen – darf nicht aufgeschoben werden, denn …
«… jetzt gebietet [Gott] allen Menschen überall, Busse zu tun, weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat und den er für alle beglaubigte, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat» (Apg 17,30–31).
Bilden die Worte «sie werden auf mich blicken» einen Freibrief, sodass wir Judenmission umgehen oder aufschieben können? Machen die Worte «ganz Israel wird errettet werden» es unnötig, den Juden das Evangelium zu bringen? Ganz und gar nicht! Diese Worte sollten uns dazu antreiben, mit noch grösserer Eindringlichkeit zu verkündigen – hier und jetzt, «und das umso mehr, als ihr den Tag [des Herrn] herannahen seht» (Hebr 10,25); hier und jetzt, solange noch der Tag des Heils ist.