SgM 07-21

SgM 07-21

Ein Schüler unserer Gemeindebibelschule kam auf mich zu und sagte unter Tränen, dass er Gott nicht mehr verstehe. Seine Frau hatte einen schlimmen Unfall. Er hatte intensiv gebetet, der Herr möge schenken, dass es doch nicht so schlimm käme. Viele Freunde hätten auch dafür gebetet. Doch alles, was dann kam, übertraf die schlimmsten Erwartungen: Oberschenkelhalsbruch, Thrombose, Lungenembolie, Langzeitausfall im Geschäft usw. Warum ist Gott so? Warum steht er nicht zu seinem Wort? Er hat doch gesagt …!?

Was mir an obigem Gebet des Psalmisten gefällt, und auch am erwähnten Bruder, sind die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Der Psalmist hält mit seinen Zweifeln nicht heuchlerisch hinter dem Berg, sondern sagt offen, was er im Herzen empfindet. Er wagt es, Gott zu kritisieren, sein Handeln zu hinterfragen. Er schlägt sich innerlich mit etwas herum und wagt, es offen auszusprechen. Das zeugt von einem guten und vertrauensvollen Verhältnis zum Allmächtigen.

Das Bewegende ist, dass Gott das Erleben Davids nicht nur zulässt, sondern es sogar in der Bibel thematisiert. Offensichtlich will er uns damit etwas beibringen.

Ist dies etwa als Aufruf zu verstehen, Gott Vorhaltungen zu machen? Sicherlich nicht! Aber der Herr will uns erklären, dass er nicht so ist wie «andere Götter», denen man sich bedingungslos unterwerfen muss. Der Herr will damit zeigen, dass er uns liebt und versteht und wir ihm alles sagen dürfen.

Auch Christen meinen oft, Gott sei zu heilig, als dass sie ihm ihre Zweifel bringen könnten. Gottes Zorn käme über sie, wenn sie etwas infrage stellten. Sie denken, sie müssten einfach nur alles schlucken und wehe, sie täten etwas anderes.

Nein, wir dürfen aufrichtig sein. Wir dürfen dem Allmächtigen sagen, was wir nicht verstehen. Wir dürfen auch unsere Zweifel äussern und trotzdem im Glauben an ihm festhalten und ihn damit ehren. Er versteht uns besser, als wir meinen. Er weiss sowieso, welche Gedanken in unseren Herzen sind. Zu einem ernsthaften Gebet gehören Wahrheit und ungeheuchelte Aufrichtigkeit. Heuchelei hat da keinen Platz.

Lasst uns ehrlich sein und Gott unsere Gefühle mitteilen. – Gleichzeitig wollen wir dabei das Vertrauen nie verlieren.