SgM 07-08

Gnade ist eine wohlwollende und freiwillige Zuwendung jemandem gegenüber, der sie nicht verdient hat. Darum spricht man auch von Begnadigung.

Eine chassidische Geschichte handelt von einem jungen Soldaten, der seine Armee verraten hatte. Der Mann wurde festgenommen und zum Tode verurteilt. Wenige Tage vor der Hinrichtung flehte seine Mutter den König um Begnadigung an. «Er wurde gerecht verurteilt», sagte der König. Die Mutter erwiderte: «Ich bitte um Gnade, nicht um Gerechtigkeit.» Der König antwortete: «Er verdient keine Gnade.» Die Mutter entgegnete: «Gnade verdient man nicht. Gnade ist ein Geschenk.»

Jemand sagte: «Gnade ist Gottes verzehrende Sehnsucht zu segnen. Liebe, die weit über das hinausgeht, was von der Liebe erwartet werden kann. Sie ist die Liebe, die, wenn sie alle Zielsetzungen erfüllt hat, immer noch einen unerschöpflichen Schatz an Güte zu verschenken hat. Gnade ist eine erlösende Liebeskraft, die denen dient, die nicht liebenswert sind.»

Ein amerikanischer Psychiater schrieb das Buch Lügen, die wir glauben. Eine Lüge sei: «Gott kann mich nur gebrauchen, wenn ich geistlich stark bin.» Nein, die Gnade Gottes gebraucht, wen sie will. Sie kommt aus ihm heraus und beschenkt. Eine verdiente Gnade wäre keine Gnade.

Von Axel Kühner las ich in seinem Textarchiv:

«Die Welt ist gnadenlos bedingt!
Wenn man was leistet, kommt man voran.
Wenn man ungesund lebt, wird man krank.
Wenn man lieb ist, wird man geliebt.
Wenn man Gesetze übertritt, wird man bestraft.
Wenn man die Luft verpestet, muss man die Gifte einatmen.
Wenn man Hass sät, wird man Gewalt ernten.
Die Natur, der Staat, die Gesellschaft können nicht gnädig sein.
Alles rächt sich konsequent!
Gott ist bedingungslos gnädig!
Seine Liebe gilt uns ohne Vorleistung.
Seine Vergebung löscht alle unsere Schuld aus.
Seine Barmherzigkeit heilt die tiefsten Wunden.
Seine Gnade krönt auch ein verdammtes Leben.
Seine Treue gilt unbedingt, wenn Menschen uns verlassen und das eigene Herz uns verklagt.
Gottes Liebe ist bedingungslos, masslos, restlos, grenzenlos, vorbehaltlos, parteilos, zweifellos, aber nicht grundlos und nicht folgenlos.
Die Gnade Gottes hat im Ganzopfer Jesu ihren Grund, in unserer Nachfolge die beste Konsequenz.»