Warum Paulus herrlicher ist als Mose (Teil 4)

Moses Angesicht strahlte. Er führte ein ganzes Volk. Er ist einer der grössten Propheten Israels. Warum ist der Dienst des Apostels Paulus, der all seine jüdischen Vorrechte aufgab, nie ein Volk führte und am Ende den Märtyrertod starb, trotzdem herrlicher? Eine Darlegung.

Gott hatte zu Mose gesagt: «Ich will alle meine Güte vor deinem Angesicht vorüberziehen lassen und will den Namen des Herrn vor dir ausrufen» (2.Mo 33,19). Und das tat Er auch. Matthäus 17,5 berichtet davon: «Als er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; auf ihn sollt ihr hören!»

Obwohl wir von diesem Bericht mehr ausgelassen als aufgenommen haben, haben wir doch das herausgegriffen, was für unser Studium entscheidend ist. Wir müssen die richtigen Verbindungen in der Schrift ziehen. Es sei übrigens noch gesagt, dass das Wort «verklärt» von demselben griechischen Verb stammt, von dem auch das Wort «Metamorphose» kommt. Ein weiterer wichtiger Gedanke ist, dass das Wort «verklärt» – mit dem die Verklärung Jesu beschrieben wird – nur noch an zwei anderen Stellen in der Schrift auftaucht. So etwa in dem bekannten Vers in Römer 12,1–2:

«Ich ermahne euch nun, ihr Brüder, angesichts der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer: Das sei euer vernünftiger Gottesdienst! Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch in eurem Wesen verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.»

Dieselbe Art von Verwandlung wie bei Jesus soll auch in unserem Leben stattfinden. Beachten Sie, dass die Formulierung im Passiv steht: «lasst euch … verwandeln» – nicht im Aktiv: «verwandelt euch». Wir nahen uns Gott. Wir werden geistliche Opfer. Wir sollen uns nicht dem Massstab und Verhalten der Welt anpassen. Dann wird Gott uns verwandeln und unseren Sinn erneuern, vor allem, wenn wir uns vom Wort Gottes ernähren und Gemeinschaft mit Ihm pflegen.

Paulus schrieb in Römer 12,2, dass Gläubige durch die Erneuerung ihres Sinnes verwandelt werden sollen. Auch die andere neutestamentliche Stelle, in der dieses Wort vorkommt, stammt von ihm. Aber dieses Mal taucht es in einer Aussage auf – nicht in einer Belehrung –, mit der er unseren Blick auf eine verblüffende geistliche Wahrheit lenkt. Das letzte Mal kommt dieses Wort für «verklären» oder «verwandeln» in 2. Korinther 3,18 vor, wo Paulus Mose als Gegenbeispiel für die Herrlichkeit des Neuen Bundes heranzieht – und er sagt auch klar, wo Gottes Herrlichkeit zurzeit wohnt.

Da Paulus Moses Bericht und die Herrlichkeit auf seinem Gesicht der Grösse des Neuen Bundes gegenüberstellt, ist es sinnvoll, Paulus noch einmal die Frage seiner Kritiker zu stellen: «Wenn dein Dienst viel mehr Herrlichkeit hat als der Alte Bund (2.Kor 3,7–11), warum strahlt dein Gesicht dann nicht wie das von Mose?»

Das ist ein guter Startpunkt. Wir halten fest, dass Moses Angesicht vor Herrlichkeit strahlte. 2. Mose 34 erwähnt dreimal die Haut seines Angesichts. So zum Beispiel in 2. Mose 34,29: «Als nun Mose vom Berg Sinai herabstieg – und die beiden Tafeln des Zeugnisses waren in der Hand Moses, als er vom Berg hinabstieg –, da wusste Mose nicht, dass die Haut seines Angesichts strahlte, weil er mit ihm geredet hatte.» Und gleich noch mal im nächsten Vers: «Und Aaron und alle Kinder Israels sahen Mose, und siehe, die Haut seines Angesichtes strahlte; da fürchteten sie sich, ihm zu nahen» (vgl. 2. Mo 34,35).

Paulus stellte eine Reihe von Vergleichen und Unterschieden zwischen dem Dienst unter dem Neuen und unter dem Alten Bund heraus. Wie Mose besass auch Paulus etwas, das Gott selbst geschrieben hatte: «Unser Brief seid ihr selbst, in unsere Herzen geschrieben, erkannt und gelesen von jedermann. Es ist ja offenbar, dass ihr ein Brief des Christus seid, durch unseren Dienst ausgefertigt, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens» (2.Kor 3,2–3).

Gläubige sind ebenso ein Werk Gottes wie die Steintafeln, auf die Er geschrieben hatte.

Aber da ist noch mehr. Während Mose vom Berg herabkam und die Herrlichkeit auf seiner Haut strahlte, besitzen die Gläubigen in Christus etwas, das noch darüber hinausgeht: «Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich vom Geist des Herrn» (2. Kor 3,18).

Die Gläubigen in Christus werden gegenwärtig verwandelt – dieselbe Wortwurzel im Griechischen wie bei der Verklärung Jesu. In den Evangelien wurde das Wort für Jesus verwendet, um eine Begebenheit zu beschreiben. Bei den Gläubigen steht es im Präsens Passiv und bezeichnet die anhaltende Verwandlung von Herrlichkeit zu Herrlichkeit – von der anfänglichen Herrlichkeit im Augenblick der Errettung bis zur grösseren Herrlichkeit in der Ewigkeit.

«Ich wusste nicht, dass Gottes Herrlichkeit in mir ist.»

Macht nichts, auch Mose wusste nicht, dass sein Gesicht strahlte (2.Mo 34,29).

«Im Augenblick kann ich Gottes Herrlichkeit an dir oder irgendjemand anderem wirklich nicht erkennen.»

Man konnte sie auch an Jesus nicht erkennen, bis Gott sie bei der Verklärung offenbarte (Lk 9,32).

«Wenn es doch eine grössere Herrlichkeit ist, warum strahlt dein Gesicht dann nicht wenigstens ein bisschen wie das von Mose?»

Das wird es – eines Tages. Doch bis dahin hat Gott entschieden, dass «wir diesen Schatz in irdenen Gefässen haben, damit die überragende Kraft von Gott sei und nicht von uns» (2.Kor 4,7).

Nach Gottes Willen sollen wir im Glauben annehmen, dass Er jetzt Seine Herrlichkeit im Leben Seiner Kinder hervorbringt. Das fällt manchmal schwer, insbesondere wenn es nach dem Gegenteil aussieht – wenn Gott nichts zu tun scheint. Dennoch sollen wir Seine Verheissung im Glauben annehmen:

«Darum lassen wir uns nicht entmutigen; sondern wenn auch unser äusserer Mensch zugrunde geht, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert. Denn unsere Bedrängnis, die schnell vorübergehend und leicht ist, verschafft uns eine ewige und über alle Massen gewichtige Herrlichkeit, da wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig» (2.Kor 4,16–18).

Gottes eigene Herrlichkeit ist und wächst in uns. Aber da ist noch mehr.

Durch Seinen Willen liess Gott Seine Herrlichkeit im Alten Testament einst in einem einfachen Zelt wohnen. Durch Seine wunderbare Gnade lässt Gott Seine Herrlichkeit heute in anderen irdischen Zelten wohnen – in unserem eigenen Körper:

«Denn wir wissen: Wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird, haben wir im Himmel einen Bau von Gott, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist. Denn in diesem Zelt seufzen wir vor Sehnsucht danach, mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet zu werden – sofern wir bekleidet und nicht unbekleidet erfunden werden. Denn wir, die wir in dem Leibeszelt sind, seufzen und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, sodass das Sterbliche verschlungen wird vom Leben. Der uns aber hierzu bereitet hat, ist Gott, der uns auch das Unterpfand des Geistes gegeben hat» (2.Kor 5,1–5).

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