SgM 12-30
Es ist sehr traurig, wenn man jemandem die Hand zur Versöhnung entgegenstreckt und der andere nicht einschlägt. Noch schlimmer ist es, wenn jemand für sein ungebührliches Verhalten nicht um Entschuldigung bitten kann, weil er ein hartes Herz hat. Leider trifft das nicht selten auf Christen zu, die sonst in allem perfekt sein wollen, sich aber zu einer Bitte um Entschuldigung nicht durchringen können. Sie haben nicht die Grösse, sich selbst zu erniedrigen.
In einem Brief schrieb ein Seelsorger:
«… an den Punkt, wo das Herz hart wird. Frage nicht weiter, was damit gemeint sei; wenn du jetzt nicht erschrickst, ist dein Herz schon so weit. Ein hartes Herz ist allein; es ist sich selbst nicht zuwider, weil es sich selbst nicht spürt.»
So erging es Israel. Gott streckte immer wieder seine Hand aus, um dem Volk zu helfen, es zu korrigieren, es zurechtzubringen und ihm zu vergeben. Aber sie gingen nicht darauf ein. Das endete für sie in einer grossen Tragödie.
Ganz anders war es im Gleichnis über den verlorenen Sohn. Dieser «Junge» kam zur Besinnung. Er erkannte seinen Zustand und gestand ihn sich selbst ein. Sein vormals hartes Herz wurde weich.
Als er noch zu Hause lebte, wurde sein Herz zu einer ausgetrockneten Wüste, sodass er kaum noch Empfindungen für den Vater hatte, sondern nur noch Forderungen stellte. Ohne Mitleid zog er davon, aber jetzt regte es sich wieder. Er fasste Mut. Und er fasste einen Entschluss. Er wollte zurück zum Vater, wollte mit ihm reden, sich beugen und um Entschuldigung bitten. Was er dann erlebte, war fantastisch. Der Vater kam ihm entgegengelaufen, schloss ihn in die Arme und veranstaltete ihm zu Ehren ein grosses Fest.
In meinem Büro habe ich das Bild einer Bronzestatue von Tom White. Sie zeigt den Vater, wie er seinem Sohn mit offenen Armen entgegenläuft. Ich habe noch nie ein so ausdruckstarkes Bild von dem Vater des verlorenen Sohnes gesehen.
Wie sieht das bei uns aus, in unserer gegenseitigen Beziehung und natürlich in unserer Beziehung zu Gott? Umgehen wir einander, statt aufeinander zuzugehen? Meiden wir einander, statt einander zu suchen? Bleiben unsere Herzen hart, sodass der andere keinen Zugang zu uns findet? Empfangen wir ihn mit offenen Armen und öffnen das Herz für ihn?
Das gilt selbstverständlich besonders Gott gegenüber. Es ist gut zu wissen, dass er uns von Anfang an entgegengekommen ist. Von Anbeginn der Schöpfung ist er es, der uns immer wieder seine Hand entgegenstreckt.
Auch wenn wir schon lange Christen sind und vielleicht immer wieder mit den gleichen Dingen zu kämpfen haben, dürfen wir sie ihm bringen. Es ist besser, sieben Mal am Tag zu ihm zu kommen, als dass unser Herz hart wird.
«Als ich es verschwieg, da verfielen meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn deine Hand lag schwer auf mir Tag und Nacht, sodass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürr wird. Da bekannte ich dir meine Sünde und verbarg meine Schuld nicht; ich sprach: ‹Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen!› Da vergabst du mir meine Sündenschuld» (Ps 32,3-5).
Fassen wir Mut und begeben wir uns aufs Neue in die ausgestreckten Arme Jesu!