Der grosse feuerrote Drache
In Offenbarung 12,3 lesen wir: «Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel: siehe, ein grosser, feuerroter Drache, der hatte sieben Köpfe und zehn Hörner und auf seinen Köpfen sieben Kronen.» Die Tatsache, dass Vers 3 (ebenso wie Vers 1) vom Himmel spricht, lässt erkennen, dass wir in dieser Vision den Konflikt der Engel sehen, der sich in der ganzen Geschichte abspielt, sowie seine Beziehung und Auswirkung auf Israel, insbesondere während der Drangsalszeit. Die vergangenen Konflikte haben die Bühne bereitet und demonstrieren einen Trend, der die Grundlage bildet für das Verständnis des zukünftigen Konflikts in den Versen 6 bis 17. Der feuerrote Drache ist unverkennbar der Teufel (s. Offb 12,9; 20,2). Die sieben Köpfe repräsentieren «sieben aufeinanderfolgende Weltreiche … was andeutet, dass ihre Abfolge schon begonnen hatte, als Johannes schrieb». An der Spitze dieser Reiche steht ein bedeutender König oder Herrscher. Die Reiche und Herrscher sind Ägypten und der Pharao, Assyrien und Sanherib, Babylon und Nebukadnezar, Medo-Persien und Ahasveros, Griechenland und Antiochus Epiphanes, Rom und Cäsar und in der Zukunft das wiedererstandene Römische Reich oder das Reich des Antichristen in der Drangsalszeit. Allen erklärt: «Unter jedem dieser Königreiche und Könige gab es den bewussten Versuch, Israel auszulöschen, um so zu verhindern, dass Christus durch die verheissene Abstammungslinie kommt. Diese von Gott gegebene historische Sicht zeigt, dass der Teufel hinter jedem dieser Versuche steckte. Es waren keine Zufälle oder durch politische Zweckmässigkeit erklärbare Ereignisse, sondern vom Teufel geführte Angriffe auf die Abstammungslinie Christi.» Die «zehn Hörner, die auf dem siebten Kopf ruhen, repräsentieren einen aufständigen Staatenbund, der sich dem Teufel und dem Antichristen anschliesst»29 in der Drangsalszeit, wie Daniel 7,7-24 und Offenbarung 13,1-8 und 17,7-18 deutlich machen. Die sieben Kronen «bedeuten sieben Könige und sieben historische Königreiche», die den zuvor in diesem Vers erwähnten sieben Köpfen entsprechen. Die Kronen deuten Herrschaft oder Königreiche an. Somit liegt der Fokus auf der Zukunft, aber mit einer Verbindung zum vergangenen Konflikt.
«Und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne des Himmels nach sich und warf sie auf die Erde. Und der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte, um ihr Kind zu verschlingen, wenn sie geboren hätte» (Offb 12,4). Der vergangene Konflikt zwischen dem Samen der Frau und dem der Schlange (1Mo 3,15) wird noch einmal in den Versen 4 und 5 aufgegriffen. Dass ein Drittel der Sterne vom Schwanz des Drachen mitgerissen wird, bedeutet, dass ein Drittel der Engel gefallen ist, sich dem ursprünglichen Aufstand des Teufels angeschlossen hat und ihm auch während der Drangsalszeit loyal ist. «Der Teufel wird als der ‹Glanzstern› beschrieben (Jes 14,12). Es wird angedeutet, dass der grosse Aufstand des Teufels gegen den Höchsten gemeint ist, ein Aufstand, in dessen Folge ein Drittel der Engel auf die Erde geworfen wird.» Das wird uns bewusst, wenn wir erfahren, dass die Sterne in dieser Stelle symbolisch für die Engel stehen (vgl. Offb 12,7.9).
Der Drache, der «vor der Frau stand», ist auf Konfrontation aus, wie ein Raubtier, das sich in Position bringt, um sich im richtigen Moment auf seine Beute zu stürzen. «Die stehende Position ist ungewöhnlich, wenn man die Verbindung zur Schlange berücksichtigt (vgl. 1Mo 3,14), aber das war die normale Haltung der Drachen und Schlangen im Altertum, die versuchten, Kinder zu verschlingen.» Robert Thomas fasst die alttestamentliche Geschichte des Kampfes zwischen dem Samen der Frau und der bösen Absicht des Drachen wie folgt zusammen:
«Seine feindliche Haltung wird deutlich, als Kain Abel ermordete (1Mo 4,8), die Abstammungslinie Seths verdorben wurde (1Mo 6,1-12), bei den versuchten Vergewaltigungen von Sarah (1Mo 12,10-20; 20,1-18) und Rebekka (1Mo 26,1-18), als Rebekka versuchte, Esau um sein Geburtsrecht zu bringen und der anschliessenden Feindschaft Esaus gegen Jakob (1Mo 27), bei der Ermordung der männlichen Kinder in Ägypten (2Mo 1,15-22), der versuchten Ermordung Davids (z.B. 1Sam 18,10-11), dem Versuch der Königin Athalja, den königlichen Samen auszulöschen (2Chr 22,10), Hamans Versuch, die Juden umzubringen (Est 3–9) und den ständigen Versuchen der Israeliten, ihre eigenen Kinder als Opfer darzubringen (vgl. 3Mo 18,21; 2Kö 16,3; 2Chr 28,3; Ps 106,37-38; Hes 16,20).
Die Ermordung der Kinder Bethlehems durch Herodes (Mt 2,16) und viele andere Begebenheiten während des irdischen Lebens Jesu, einschliesslich Seiner Versuchung, kennzeichnen den anhaltenden Versuch des Drachens, das Kind der Frau nach Seiner Geburt zu ‹verschlingen›. Der direkteste Versuch war natürlich die Kreuzigung Christi.»
«Und sie gebar einen Sohn, einen männlichen, der alle Heidenvölker mit eisernem Stab weiden wird; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron» (Offb 12,5). Das männliche Kind ist der Messias Jesus, der Same der Frau, mit dem sich der Drache im Krieg befindet, auch wenn es in der Geschichte Auswirkungen auf Gottes auserwähltes Volk Israel hat. Jesus wird in Offenbarung 2,27 als derjenige identifiziert, der «sie mit einem eisernen Stab weiden wird, wie man irdene Gefässe zerschlägt, wie auch ich es von meinem Vater empfangen habe». Dass das männliche Kind «entrückt» wurde (das Wort für die Entrückung der Gemeinde in 1. Thessalonicher 4,17), macht das siegreiche Unterfangen des ersten Kommens Christi deutlich. Christus, nicht die Gemeinde, wurde zum Thron Gottes entrückt. Noch aber herrscht Er nicht auf Seinem eigenen Thron, wie es im Tausendjährigen Reich der Fall sein wird. Im Augenblick befindet sich Christus zur Rechten des Vaters (Offb 3,21), aber nach Seinem zweiten Kommen wird Er im Tausendjährigen Reich auf Seinem eigenen Thron herrschen (1Kor 15,24-28; Offb 20,4).