Halloween: zwischen Konsum, Horror und Totengedenken

Wie sollten Christen mit dem immer beliebter werdenden Halloweenfest umgehen? Und was sind seine wahren Hintergründe? Einige Antworten auf historischer und biblischer Basis.

«Halloween – Die Nacht des Grauens» heisst ein weltweit bekannter Horrorfilm von John Carpenter aus dem Jahr 1978. Darin geht es um den fiktiven Michael Myers, der, eine Halloween-Maske auf dem Gesicht, seinen Opfern auflauert, um sie dann mit einem langen Messer zu töten. Im Alter von sechs Jahren soll er seine siebzehnjährige Schwester Judith mit einem Küchenmesser getötet haben, so die Geschichte des Films. In den nächsten Jahren wurde Myers dann in einem Sanatorium behandelt, erwies sich aber als nicht therapierbar. Am 30. Oktober 1978 gelang ihm die Flucht. Seither sucht Myers Menschen, um sie zu jagen und grausam zu töten. In dem Spielfilm und seinen sieben bis 2002 gedrehten Fortsetzungen ist Michael Myers das «personifizierte Böse», das andere Menschen verfolgt, selbst aber nicht getötet werden kann. Um diese Serie von Filmen entstand ein regelrechter Kult. 

Grundlage für den Film ist natürlich das besonders in den USA verbreitete Halloween, bei dem man vor den Häusern ausgehölte Kürbisse aufstellt, deren eingeritzte Fratzen von innenstehenden Kerzen erleuchtet werden. Kinder verkleiden sich in gruseligen Kostümen, ziehen durch die Strassen und fordern an den Haustüren «Süsses oder Saures» (engl.: «trick or treat»). Daraufhin bekommen sie gewöhnlich Süssigkeiten oder andere kleine Geschenke.

 

Die Hintergründe von Halloween

Eigentlicher Ausgangspunkt für Halloween ist das katholische Allerheiligenfest, das gegenwärtig am 1. November begangen wird. Im 2. Jahrhundert begann die Gemeinde damit, am Todestag christlicher Märtyrer eine Gedenkfeier abzuhalten. Man wollte das mutige Opfer dieser Gläubigen nicht einfach vergessen. Vielmehr sollten sie und ihre Glaubensstärke anderen Christen als Vorbild dienen. Während der folgenden Jahrhunderte wurde es wegen der steigenden Zahl von «Heiligen» zunehmend schwierig, sich jedes einzelnen von ihnen in einem eigenen Fest zu erinnern. In der Ostkirche wurden die zahlreichen Gedenktage der Märtyrer deshalb bereits im 4. Jahrhundert zu einem gemeinsamen Allerheiligenfest zusammengefasst, das man am Sonntag nach Pfingsten beging. Damit hob man die Märtyrer sozusagen als «geistliche Elite» der christlichen Gemeinde besonders hervor. 

Am 13. Mai 609 weihte Papst Bonifatius IV. das römische Pantheon als Gedenkstätte für alle christlichen Märtyrer. Zu ihrem offiziellen Feiertag wurde der Freitag nach Ostern bestimmt, um damit die Nähe zum Tod Jesu besonders hervorzuheben. Ende des 8. Jahrhunderts wurde in dem schon seit langem christianisierten Irland das Fest auf den 1. November, den Beginn des keltischen Jahres und zugleich den Winteranfang, verlegt. Hierdurch hob man die Parallele zwischen den verstorbenen Märtyrern und der absterbenden Natur hervor. Gleichzeitig sollte der herbstlich toten Natur hoffnungsfroh das ewige geistliche Reich aller Gläubigen gegenübergestellt werden. Papst Gregor IV. bestimmte im Jahr 835 den 1. November für die ganze katholische Kirche zum offiziellen Gedenktag aller christlichen Märtyrer und Heiligen. Ende des 10. Jahrhunderts führten die Mönche des Klosters Cluny zusätzlich das Fest Allerseelen ein. An diesem Tag sollten die Christen an alle bereits Verstorbenen denken, die jetzt, nach katholischer Lesart, im Fegefeuer leiden müssten. Für das Wohlergehen ihrer Seelen sollte man an diesem Tag besonders bitten und beten.

Halloween ist der Abend vor Allerheiligen (engl.: All Hallows’ Eve). Durch verschiedene Bräuche sollte man sich zu diesem Zeitpunkt ganz besonders an den Tod und die Verstorbenen erinnern. Natürlich reizte ein solcher Anlass viele Leute zu zahlreichen gruseligen Bräuchen und verschiedenen Formen der Wahrsagerei. Immerhin meinte man, an diesem Tag eine besondere Nähe zum sonst eher unzugänglichen Jenseits zu haben. Deshalb verkleideten sich in der Vergangenheit insbesondere junge Leute als Tod, als Skelett, als Leiche, manchmal auch als Hexe oder andere Person, der eine enge Verbindung zum Jenseits nachgesagt wird. Seit den letzten Jahrzehnten wird Halloween auch oft als Anlass für Vandalismus missbraucht. Briefkästen werden gesprengt, Häuser mit faulen Eiern beworfen oder Autoreifen aufgeschlitzt. Manche lieben es auch, Bekannte oder Passanten mit angsteinflössenden Masken zu erschrecken oder sogar zu belästigen.

Eigentlich wurde Halloween bis ins 19. Jahrhundert hinein fast ausschliesslich auf den britischen Inseln, vor allem in Irland, gefeiert. Durch irische Immigranten kam Halloween später in die USA. In den 1990er Jahren fand die zwischenzeitlich immer stärker kommerzialisierte Feier ihren Weg auch nach Europa. 

Der Brauch, ausgehölte Kürbisse bzw. ursprünglich Rüben zum Halloweenfest aufzustellen, stammt aus Irland. Dort lebte, einer alten Sage nach, der Bösewicht Jack Oldfield. Vor langer Zeit soll er den Teufel in eine Falle gelockt und erst wieder freigelassen haben, nachdem dieser versprach, ihn für alle Zeiten in Ruhe zu lassen. Weil Jack sich mit dem Okkulten eingelassen hatte, konnte er nach seinem Tod nicht zu Gott in den Himmel kommen. Aufgrund seiner schlechten Erfahrungen wollte der Teufel ihn aber auch nicht in der Hölle haben. Seither, so die Sage, wandert der Geist des Jack Oldfield durch die Welt, mit einer ausgehöhlten Rübe als Laterne. Erst in den USA wurde aus der Rübe ein Kürbis. Von innen mit einer Kerze beleuchtete Kürbisfratzen vor dem Haus sollen seither den Teufel und die bösen Geister fernhalten. 

Aufgrund seiner inneren Nähe zu Tod und Teufel ist Halloween einer der wichtigsten Feiertage des Satanismus. In den USA vermischten sich ausserdem die Vorstellungen von Halloween mit dem gleichzeitig begangenen Día de Muertos, dem «Tag der Toten». Noch aus der vorchristlichen Zeit der Azteken stammt die Vorstellung, dass die Toten einmal im Jahr aus dem Jenseits zu Besuch kommen und gemeinsam mit den Lebenden ein fröhliches Wiedersehen feiern, mit Musik, Tanz und gutem Essen. Heute werden zu diesem Anlass, insbesondere in Mexiko, Wohnungen und Geschäfte mit Skeletten und künstlichen Totenköpfen geschmückt. Beliebt sind auch kleine Totenköpfe oder Knochen aus Zucker oder Marzipan für die Kinder und das «Brot der Toten», ein süsses mit Anis gewürztes und Totenschädeln verziertes Gebäck. Zu Ehren der Toten werden vor kleinen Hausaltären Speisen und Getränke, Blumen und persönliche Erinnerungsgegenstände, Kerzen und Weihrauch gelegt. An diesem Tag will man sich mit den Verstorbenen gutstellen und lädt sie deshalb auch zum Essen und Trinken ein. Zu Mitternacht, so die Vorstellung, müssen sich die Toten wieder verabschieden und ins Jenseits zurückkehren. 

Vor dem Hintergrund der irischen oder auch keltischen Renaissance in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bemühte man sich, viele christliche Traditionen auf heidnisch-keltische Bräuche zurückzuführen. In jener Phase der Abwendung von einem allgemein verbreiteten christlichen Selbstverständnis suchte man häufig nach einem vorgeblich älteren, ursprünglicheren Brauchtum. Häufig führten diese ideologisch begründeten Bemühungen zu unhistorischen Spekulationen. In ganz Europa war es damals Mode, eine vorgebliche Kontinuität zu den alten Kelten, Germanen oder Römern herzustellen. In Irland kam, nach der erzwungenen Vereinigung mit England (1800), dazu ein stark nationalistisches Interesse. Beim altirischen Fest Samhain sollten die Menschen einen Zugang zu den Wesen der «Anderen Welt» bekommen. Es wurde geraten, an diesem Tag zuhause zu bleiben, um nicht den mythologischen Helden der Vorzeit oder dem Unterweltsgott Cenn Crúach («der blutige Kopf») zu begegnen. Zur Besänftigung wurde diesem Gott ein feierliches Blutopfer gebracht. Ausserdem erinnerte man sich zu Samhain an die sagenhafte «zweite Schlacht von Mag Tuired», während der zwei irische Ur- Stämme, begleitet von Magie, Verfluchungen und Vergewaltigungen, gegeneinander kämpften. Angeblich wurde seit 700 v.Chr. zu Samhain vom irischen Hochkönig zentral ein heiliges Feuer entzündet, das jeder Mann von dort aus in sein eigenes Haus tragen sollte. 

Die weithin beworbene Idee der irischen Renaissance lief darauf hinaus, dass Halloween als nur oberflächlich christianisiertes Samhain-Fest angesehen werden müsse. Intensive historische und archäologische Forschungen der vergangenen Jahrzehnte haben diese Ableitung jedoch äusserst zweifelhaft werden lassen. Samhain war bei den alten Iren nämlich gar kein Fest zur Erinnerung an die Verstorbenen. Ausserdem gibt es im Umfeld von Halloween keinen Hinweis auf mutmassliche Opfer für Unterweltsgötter oder Erinnerungen an sagenhafte Schlachten. Auch darf nicht vergessen werden, dass das Allerheiligenfest – und damit auch das darauf bezogene Halloween – ursprünglich in Italien und nicht in Irland erfunden wurde. Darüber hinaus wurde Irland bereits sehr früh und gründlich, nämlich im 5. Jahrhundert, christianisiert, sodass es später keinen Anlass für eine Anpassung an heidnische Riten gab. Kaum etwas im Brauchtum von Halloween gleicht den Vorstellungen des altirischen Samhain. Lediglich oberflächliche Ähnlichkeiten, wie die Symbolik des Lichts, liessen sich anführen – was bei einem Fest in der dunklen Jahreszeit allerdings nicht wirklich verwundern sollte. Deshalb betrachten die meisten Forscher heute die Versuche, eine Kontinuität zwischen beiden Festen herzustellen, als historisch unbegründete Spekulationen. Ähnliches gilt für die ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammenden Versuche, Halloween oder Allerheiligen mit alten germanischen Traditionen in Verbindung zu bringen.

Im Neuheidentum der letzten Jahrzehnte allerdings gibt es ein gesteigertes Interesse daran, möglichst viel christliche Symbolik und kirchliches Brauchtum für sich zu reklamieren. Deshalb wird in diesem Umfeld gerne auf die falschen Behauptungen der irischen Renaissance zurückgegriffen. Entgegen historischer Daten werden dann sowohl das altirische Samhain als auch das katholische Halloween als Feste der «Begegnung zwischen Lebenden und Toten» interpretiert. Als dunkler Gegenpol zum Frühlingsfest Beltane soll Samhain das Finstere betonen, die Nähe von Diesseits und Jenseits. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine weitgehend unhistorische Neuinterpretation aus Gründen der Selbstwerbung. Dabei sind sich die Vertreter des Neuheidentums nicht einmal einig über die genaue Symbolik von Licht, Kürbissen und umherziehenden Kindern. Manche wollen das vorgeblich altirische oder germanische Fest am 1. November feiern. Andere erinnern sich an den irischen Mondkalender und kommen deshalb auf ein vollkommen anderes Datum. 

 

Sollten Christen nun Halloween feiern? 

  1. Es ist ziemlich bedauerlich, dass Halloween in Mitteleuropa das traditionelle Martinssingen fast vollständig verdrängt hat. Damit sollte am 10. bzw. 11. November traditionell an den christlichen Missionar Martin von Tours aus dem 4. Jahrhundert bzw. an den Reformator Martin Luther erinnert werden. Kinder zogen in diesem Zusammenhang mit Lampions von Haus zu Haus, sangen christliche Lieder und bekamen dafür Süssigkeiten und Obst geschenkt. Auch der ebenfalls am 31. Oktober begangene Reformationstag wurde von Halloween leider weitgehend verdrängt. 
  2. Häufig geht es heute bei Halloween vor allem um Konsum: den Kauf von Verkleidungen, Süssigkeiten und Dekoration. Christen wollen solche Kommerzialisierungen von Festen im Allgemeinen nicht auch noch unterstützen.
  3. Halloween wird häufig im Zusammenhang mit Magie, Horror und Wahrsagebräuchen gefeiert. Das sind Aspekte, die Christen auf Grundlage der Bibel als okkult ablehnen. 
  4. Halloween steht in enger Verbindung mit Allerheiligen und Allerseelen. Dabei handelt es sich um typisch katholische Feste. Da Jesus und die Apostel nichts von der Verehrung der «Heiligen» und nichts von einer Fegefeuer-Strafe der Verstorbenen lehrten, stehen auch heute lebende Christen diesen Konzepten katholischer Theologie kritisch gegenüber. 
  5. Die früher beabsichtigte Erinnerung an verstorbene Gläubige ist im heutigen Halloween nicht mehr zu erkennen. Stattdessen treten neben okkulten Aspekten der Populärkultur immer stärker auch neuheidnische Interpretationen in den Vordergrund. Das lehnen Christen mit gutem Grund ab. 
  6. Nach biblischer Auskunft gibt es keine allgemeine Verbindung zwischen der Welt der Toten und der Lebenden. Ganz im Gegenteil wird hier von Gott sogar eine klare Grenze gezogen. Versuche, mit dem Jenseits oder dem Totenreich Verbindung aufzunehmen, werden von Jesus und den Aposteln strikt zurückgewiesen (5Mo 18,10.11; Lk 16,26ff.). 
  7. Natürlich können und sollen Christen sich an ihre Väter und Mütter im Glauben erinnern (2Tim 3,14.15; Hebr 12,1). Schliesslich gehören auch sie zur weltweiten, überzeitlichen Gemeinde Jesu. Durch deren Leben lernen Christen das Handeln Gottes besser kennen und werden sich ihrer eigenen geschichtlichen Prägung bewusst. Selbstverständlich kann man dem Erinnern an die vorbildlichen Gläubigen der Vergangenheit auch einen speziellen Tag widmen. Dieser wohl bedenkenswerte Aspekt wird durch Halloween aber nicht erreicht. 

Christen ist deshalb zu empfehlen, sich weitgehend von Halloween fernzuhalten. Da sich die meisten Menschen an Halloween mit schlichten Vergnügungen zufriedengeben und alle geistlichen Zusammenhänge eher im Hintergrund stehen, brauchen Christen auch nicht als engagierte Feinde dieser Feierlichkeit in Erscheinung zu treten. Dadurch werden manche erst neugierig, sich mit den angenommenen okkulten Hintergründen von Halloween näher zu beschäftigen oder sie gar auszuprobieren. Natürlich könnte man diesen Tag auch benutzen, um mit Schriften oder Gesprächen auf die Realität eines Lebens nach dem irdischen Tod oder eines zukünftigen Gerichts Gottes hinzuweisen. Immerhin sind das bedeutsame Aspekte, die in der historischen Entwicklung von Halloween eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben. Wenn viele Menschen zu Halloween eher bereit sind, über Tod und Jenseits nachzudenken, kann das für Christen durchaus ein willkommener Anlass sein, um über diese wichtigen geistlichen Zusammenhänge zu sprechen.

Michael Kotsch hat an der FETA Basel studiert und ist seit 1995 Lehrer an der Bibelschule Brake. Er ist Autor mehrerer Bücher und Vorsitzender des Bibelbund e.V.
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