Endzeitlich leben: dem Anpassungsdruck widerstehen (Teil 3)

Wie bleibt der christliche Glaube in einer Welt, die sich nicht als christlich versteht, identifizierbar? Wie kann er in einer Zeit, die sich immer mehr von christlichen Inhalten und Werten verabschiedet, erkennbar und kräftig sein? Wie behält unser Glaube solche Konturen, dass er nicht im gesellschaftlichen Mainstream aufgeht bzw. untergeht? Eine Antwort.

Drittens: Leiden ertragen.

Babylonien ist als das Land der Öfen bekannt geworden. In tunnelförmigen Öfen wurden Ziegel gebrannt bzw. Erz geschmolzen. Mit einer Holzkohlenfeuerung erreichten diese Öfen Temperaturen bis 1000 Grad. In einen solchen Ofen sollen nun die drei Freunde Daniels gesteckt werden. Sie haben sich geweigert, die Götterstatue anzubeten. Nun müssen sie mit den Konsequenzen rechnen und werden in den Feuerofen geworfen. 

Die Gemeinde der Endzeit, die dem Anpassungsdruck widersteht, wird dem Leiden nicht entkommen können. Jesus selbst hat Seinen Jüngern vorausgesagt, dass sie in Gefängnisse geworfen, vor Könige und Statthalter geführt und von jedermann gehasst werden würden (Lk 21,12ff.). Paulus schreibt an die Gemeinde in Philippi: «Denn euch ist es gegeben um Christi willen, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden» (Phil 1,29). Der Hebräerbrief lenkt den Blick der leidenden Gemeinde auf Christus, der selbst für sie am Kreuz gelitten und den Widerspruch der Menschen ertragen hat (Hebr 12,1ff.). 

Christusnachfolge und Leiden stehen in einem inneren Zusammenhang. «Wie Schafe unter die Wölfe» werden die Jünger Jesu gesandt. Manfred Seitz erinnert daran, dass die Kirche im Martyrium gesegnet wird. Wozu wird sie gesegnet? Damit die Gemeinde Jesu auch wirklich Gemeinde bleibt und in ihrem geistlichen Leben nicht der Verflachung anheimfällt, braucht sie ein bestimmtes Mass an Leiden. Sonst wird sie von Christus losgerissen und zum Treibholz vieler Strömungen. Erst das Leiden verankert sie fest im Wort Gottes.

Ein weiterer Segen des Leidens besteht darin, dass die getrennten Konfessionen im Leiden zusammenrücken. Seitz erinnert hier an die Erfahrungen lutherischer und orthodoxer Christen in Russland während der bolschewistischen Revolution und an die Begegnungen von Katholiken und Protestanten in den KZs des Dritten Reiches. In der Begegnung mit der antichristlichen Weltmacht, die völlige Unterwerfung beansprucht, bleibt der Gemeinde nur das Leiden. Karl Hartenstein sagt: «Es gibt keine Revolution für die Gemeinde, sondern nur das Leiden.» 

Nun gibt es in allem Leiden allerdings auch eine grundlegende geistliche Erfahrung. Die Leidenden werden in besonderer Weise von Christus selbst gehalten und bewahrt. Genau diese Erfahrung wird auch den drei Freunden Daniels zuteil. Sobald sie im Feuerofen sind, tritt eine vierte Person zu ihnen, sodass sich Nebukadnezar verwundert die Augen reibt: «Haben wir nicht drei Männer gebunden in das Feuer werfen lassen? […] Ich sehe aber vier Männer frei im Feuer umhergehen und sie sind unversehrt; und der vierte sieht aus, als wäre er ein Sohn der Götter» (3,25f.). 

Im Hebräerbrief findet sich eine Deutung dieses Wunders. Dort heisst es: «Durch den Glauben haben sie des Feuers Kraft ausgelöscht» (Hebr 11,34). Tatsächlich vertrauen die drei Freunde auf die Überlegenheit ihres Gottes. «Wenn unser Gott will, den wir verehren, so kann er uns erretten; aus dem glühenden Ofen und aus deiner Hand, o König, kann er erretten» (3,17).

Aus der Geschichte ihres Volkes wissen die Drei, dass ihr Gott erretten kann. Hat Er Israel am Schilfmeer gerettet, so kann Er sie auch in dieser Situation retten. Die Geschichte der christlichen Märtyrer zeigt allerdings, dass es nicht immer so glücklich ausgeht wie im Falle der Freunde Daniels. Dennoch bleibt die Gewissheit, dass auch die, die um Christi willen leiden, von Seiner Hand gehalten werden. Der Theologieprofessor Traugott Hahn wurde 1917 im Baltikum von den Bolschwiken zunächst gefangen und dann getötet. Seine Frau schreibt im Rückblick: 

«In das fast betäubende Dunkel des ersten Schmerzes leuchtete vom Kreuz Christi her das ‹Dennoch› des Glaubens. Hatte an jenem Tage der Kreuzigung nicht auch das Böse scheinbar triumphiert? Und doch war es der grösste Sieg, der je erfochten wurde, die grösste Liebestat, die Gott an den Menschen getan hat. So durften auch wir glauben an Gottes Liebesabsichten, die uns freilich noch verborgen waren. Hatte Gott nicht auch meinen Mann innerlich stark gemacht, im Gehorsam gegen Ihn den bitterschweren Todesweg zu gehen, und war dieser innere Sieg nicht grösser, als eine leibliche Errettung es gewesen wäre?» 

Zurück