Die erste Person, die ruhte, war Gott selbst: «Und er ruhte am siebten Tag von seinem ganzen Werk, das er gemacht hatte» (1.Mo 2,2). Gott hat aus dem Nichts, durch die Kraft Seines Wortes, alles Sichtbare und Unsichtbare erschaffen, und zwar in nur sechs Tagen. Er, der die Quelle aller Kraft ist, ist nicht auf Ruhe angewiesen (Ps 121,4; 33,9; Jes 40,28). Der siebte Tag der Ruhe hat demnach eine heilsgeschichtliche Funktion. Er zeigt, was Gott von Anfang an wollte.
Der Tag, an dem Gott ruhte, war der erste Tag nach Erschaffung des Menschen am sechsten Tag (1.Mo 1,26-31). Das bedeutet: Der Mensch war für die Ruhe in Gott bestimmt; Gott wollte den Menschen für sich selbst. Der Mensch sollte sich die Erde untertan machen, fruchtbar sein und herrschen, und dies alles in der Ruhe aus Gott. Doch die Sünde trat dazwischen und vernichtete diese Ruhe. Nun nahm die Unruhe den Platz ein.
Die Frau sollte fortan Mühe in ihrer Schwangerschaft haben, mit Schmerzen Kinder gebären und Verlangen nach ihrem Mann haben (1.Mo 3,16). Der Mann sollte mit Mühe den Erdboden bearbeiten, das Gewächs des Feldes essen und im Schweisse seines Angesichts sein Brot verdienen. Und der Mensch sollte den Tod erleiden und wieder zur Erde zurückkehren, von der er genommen war. Ausserdem mussten die beiden ersten Menschen auch die Ruhe des Gartens Eden verlassen (1.Mo 3,17-19.24).
In der Folge stellt uns die Bibel vor Augen, wie die menschliche Ruhelosigkeit als Konsequenz der Sünde beständig zunahm. Nachdem Kain, der älteste Sohn Adams und Evas, seinen Bruder Abel erschlagen hatte, sagt ihm der Herr zum Beispiel: «Wenn du den Erdboden bebaust, soll er dir künftig seinen Ertrag nicht mehr geben; ruhelos und flüchtig sollst du sein auf der Erde!» (1.Mo 4,12; vgl. V 14). So lebte die Menschheit seit dem Sündenfall in Unruhe, Mühe und Trostlosigkeit.
Als die Welt dann durch die Sünde so verdorben war, dass der Allmächtige die Sintflut über die Welt ergiessen musste, sorgte Er jedoch dafür, dass es einen Überlebenden mitsamt seiner Familie gab. Sein Name war Noah. Lamech, der Vater Noahs, hatte seinem Sohn diesen Namen mit der bemerkenswerten Begründung gegeben: «Der wird uns trösten über unsere Arbeit und die Mühe unserer Hände, die von dem Erdboden herrührt, den der Herr verflucht hat!» (1.Mo 5,29). Offensichtlich hatte Lamech an Gott und Seine Verheissungen geglaubt (1.Mo 3,15). Noah bedeutet «Ruhe» bzw. «Trost». Lamech verknüpfte bereits eine «messianische Hoffnung» mit diesem Namen, denn eines Tages würde der Erlöser (Messias) kommen und der Welt die Ruhe Gottes zurückbringen. Somit ist Noah eine prophetische Vorschattung auf den wahren Messias, den Herrn Jesus Christus. Lamech wurde 777 Jahre alt. Dies scheint uns in dreifacher Weise an den siebten Tag, den Ruhetag Gottes, zu erinnern (1.Mo 5,31).
Später erwählte Gott sich Abraham, Isaak und Jakob. Jakob nannte Er dann Israel, und dessen Söhne begründeten die zwölf Stämme Israels (1.Mo 49,10-11). Gott strebte konkret das Ziel an, die Menschheit für Seine Ruhe zurückzugewinnen. Hierin sehen wir auch einen Grund dafür, warum Gott Seinem auserwählten Volk Israel dann den siebten Tag, den Sabbat, als Ruhetag gebot (2.Mo 20,9-11). Denn Israel sollte in die Ruhe Gottes eingehen, in Seine Ruhe, in den «Sabbat des Herrn», wie einst Adam und Eva, bevor sie in Sünde fielen. Doch das Volk versagte fortwährend. Es war nicht imstande, die Gebote Gottes zu halten und blieb dementsprechend ruhelos. Weder Mose noch Josua, der die Aufgabe hatte, Israel in das ihm verheissene Land zu führen, gelang es, die Israeliten in die Ruhe zu bringen (vgl. Hebr 4,8).
Und dann kam die Zeit, in der Gott Seinen eigenen Sohn in die Welt sandte. Dieser, Jesus Christus, ist die «Personifizierung» der Ruhe Gottes. Durch Ihn sehen wir einmal mehr, dass Gott die Menschen in Seine Ruhe holen möchte, wofür der Sabbat ein Bild war. So erklärte Jesus im Blick auf sich selbst: «Denn der Sohn des Menschen ist Herr auch über den Sabbat» (Mt 12,8). Jesus ist Herr des Sabbats, weil Er die Ruhe Gottes in Person ist. Darum sagte Er: «Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch erquicken! Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen! Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht» (Mt 11,28-30).
Darauf hatte bereits der jüdische Prophet Jesaja aufmerksam gemacht, als er 700 Jahre zuvor prophezeite: «Er [Gott], der zu ihnen gesagt hatte: ‹Das ist die Ruhe! Erquickt den Müden! Und das ist die Erquickung›, aber sie wollten nicht hören» (Jes 28,12). So kam es denn auch. Israel verwarf im Unglauben den Sohn Gottes und ging demzufolge nicht in die Ruhe ein. Die versprochene Ruhe für das ethnische Volk Israel als Ganzes ist nun aber nicht grundsätzlich aufgehoben, sondern aufgeschoben worden: «Also bleibt eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig» (Hebr 4,9).
Diese «übrig gebliebene Sabbatruhe» wird das kommende messianische Reich auf Erden sein, wenn Jesus Christus in grosser Kraft und Herrlichkeit wiederkommt. An jenem grossen «Sabbattag» des messianischen Reiches wird Israel aufhören, auf seine eigenen Bemühungen und Werke zu schauen, und endlich auf Den blicken, der der Vollender des Gesetzes ist und die vollkommene Gnade brachte. Dann, wenn Jesus wiederkommt, wird Er gleichsam die Ruhe mitbringen: «… Ruhe gemeinsam mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht» (2.Thess 1,7).
In Hebräer 4,2-3 werden zwei wichtige Heilsaussagen gemacht: 1. Der Glaube ist nötig, um endgültig zur Ruhe zu kommen. 2. Mit dieser «Ruhe» ist die Ruhe in Gott selbst gemeint («meine Ruhe»). Der Hebräerbrief macht deutlich, dass die Ruhe Gottes am siebten Tag nach der Schöpfung tatsächlich von Anfang an ein heilsgeschichtlicher Hinweis auf die bleibende Ruhe sein sollte, die der Mensch nur in Gott selbst findet (Hebr 4,4-5).
Wer in Christus ist, ruht – wie Gott am siebten Tag – insofern von den eigenen Werken, als dass er nicht mehr versucht ist, durch Werke gerecht zu werden, durch Gesetze und Gebote. «Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt» (Röm 10,4). Was Mose und Josua nicht erreichten, brachte Jesus Christus. Und so gilt, was dereinst Augustinus von Hippo sagte: «Ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in dir, o Herr.»