Mut für morgen! Christsein im starken Gegenwind (Teil 2)

Unser Herr spricht: «In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden» (Joh 16,33). Ein Appell für das neue Jahr.

Was lehrt uns denn das Neue Testament über Leiden um Christi willen? Von den Evangelien möchte ich nur das Johannesevangelium herausgreifen. Dort kommt der Begriff «Welt» am häufigsten vor: einerseits als die gute, von Gott erschaffene Welt, andererseits aber hauptsächlich als eine Beschreibung der gottfeindlichen Menschheit. Schon in Johannes 1,5, ganz am Anfang, lesen wir, dass die Finsternis das Licht zu ergreifen oder ersticken versuchte, und in Vers 10, dass die Welt Ihn nicht erkannte. Johannes 7,7 erklärt, dass die Welt Jesus hasst, weil Er bezeugt, dass ihre Werke böse sind. Von diesem prinzipiellen Hass sprach der Herr auch schon in Johannes 3,19-20. In Johannes 15,18-21 offenbart der Herr dann, dass dieser Hass genauso Seine Jünger betrifft:

«Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihre lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt. Gedenkt des Wortes, das ich euch gesagt habe: Ein Sklave ist nicht grösser als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten. Aber dies alles werden sie euch tun um meines Namens willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat.»

Unser ganzes egoistische Wesen, aber auch dieser Hass und die Feindschaft, die bis zum Äussersten gehen können, hat unser Herr im Grundsatz für die Nachfolge zusammengefasst: «Wer sein Leben liebt, verliert es; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren» (Joh 12,25). Für uns ist es heute schon ein Problem geworden, wenn wir unseren guten Ruf oder unser gesellschaftliches Ansehen um Christi willen verlieren könnten.

In der Apostelgeschichte lesen wir zunächst gerne, dass die Urgemeinde in Jerusalem Gunst beim ganzen Volk hatte (Kap 2,47). Diese Gunst verhinderte aber nicht die Verfolgung, die schon kurze Zeit später losbrach. In diesem Zusammenhang lesen wir etwas in Apostelgeschichte 5,41, was nicht nur unserem menschlichen Wesen, sondern auch unserem heutigen Lebensgefühl völlig entgegensteht: «Sie nun gingen aus dem Hohen Rat fort, voller Freude, dass sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden.»

Die losbrechende Verfolgung zerfetzte äusserlich gesehen das Leben der Urgemeinde. Doch der eisige Gegenwind machte ihr Zeugnis für Jesus umso stärker. Kapitel 8,4 besagt, dass die durch die Verfolgung Zerstreuten das Wort Gottes verkündigten. Interessant ist auch, was die Gemeinde betete, als die Apostel bereits vor der grossen Verfolgung unter Druck gerieten. Sie baten nicht um eine Veränderung der Situation, sondern um Freimütigkeit für das Zeugnis (Apg 4,29-31). Während Jakobus das Leben für seinen Herrn liess, wurde Petrus befreit (Apg 12). Dafür hatte die Gemeinde auch gebetet. Dennoch war der Druck damit nicht verschwunden. 

In Kapitel 9 beginnt die Geschichte mit Paulus. Als erstes nach seiner Bekehrung wird ihm gesagt, wie viel er leiden muss um Jesu willen (V. 16). Wohlgemerkt, dabei geht es nicht um allgemeine Leiden, die auch schwer sein können, sondern um Druck, Trübsal, Angst, Verfolgung um Jesu willen. Dies durchzieht dann die ganze Apostelgeschichte in unterschiedlicher Intensität, bis Kapitel 28. In Apostelgeschichte 14,22 lesen wir, wie Paulus und Barnabas auf dem Rückweg der ersten Missionsreise die jungen Gemeinden gestärkt haben: «Sie stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, und sagten, dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes hineingehen müssen.»

In den Briefen des Apostels Paulus selbst finden wir praktisch immer das Thema Verfolgung und Bedrängnis, ob direkt oder indirekt. Römer 8 ist uns ja dadurch gut bekannt, dass dort geschrieben steht, nichts und niemand könne uns von der Liebe Christi scheiden – das Hohelied der Heilsgewissheit, wie manche sagen. Dabei übersehen wir leicht, dass der ganze Abschnitt im Zusammenhang mit der Trübsal um Christi willen steht. In Vers 36 vergleicht Paulus sich und uns sogar mit Schlachtschafen. Solange die Schafe noch kuschelig und heimelig sind, haben wir ja nichts dagegen. Aber mit Schlachtschafen stellen wir uns doch nicht so gerne auf einer Stufe.

In 2. Korinther 11, ab Vers 16, öffnet Paulus einen Türspalt und gibt uns einen Einblick in seine vielfältigen Leiden um Christi willen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Paulus den 2. Korintherbrief nicht am Ende seines Lebens schrieb, sondern rund drei Jahre vor seiner ersten Gefangenschaft und 9 bis 10 Jahre vor seinem Lebensende. Und in einem seiner ersten Briefe, im Galaterbrief, sagt Paulus, dass er um der Frage der Beschneidung willen die Malzeichen Christi an sich trägt (Gal 6,17). Das meint er nicht in einem römisch-katholischen, mystischen Sinn, sondern er sagt damit aus, dass er um des Evangeliums willen gefoltert wurde und körperlich litt. 

In seinen drei Gefangenschaftsbriefen kommt der Apostel auch direkt oder indirekt auf das Thema Leiden zu sprechen. Zu diesen Briefen zählen Epheser, Philipper und Kolosser, die er zusammen mit dem Philemonbrief schrieb. Nur eine Stelle aus dem Philipperbrief sei herausgegriffen: In Philipper 3 spricht Paulus von der alles überragenden Erkenntnis Christi, um deretwillen er alles, was ihm einmal wichtig war, für Dreck geachtet hat. Ihm geht es nur noch darum, Christus zu gewinnen und in Ihm erfunden zu werden: «um ihn und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden zu erkennen, indem ich seinem Tod gleich werde, ob ich irgendwie hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten. Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet bin; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, weil ich auch von Christus Jesus ergriffen bin» (V. 10ff.).

Können wir das auch sagen? Nicht irgendwie «vergeistlicht», sondern ganz praktisch in Bezug auf unsere Leidensbereitschaft. Eine Anmerkung dazu: die Taufe ist ein Bekenntnis. Jeder, der sich taufen lässt, wird in den Tod Christi hineingetauft, bevor das neue Leben kommt. Dieser Tod bezieht sich nicht nur auf das sündige frühere Leben, sondern auch auf ein Ja zum Leiden um Christi willen. In unserem Taufunterricht wird das heute wohl grösstenteils ausgeblendet. In islamischen Ländern beispielsweise ist jedem Täufling klar, was die Taufe für ihn bedeutet und was für einen hohen Preis sie kosten kann. 

Die zwei Thessalonicherbriefe sind an eine junge Gemeinde in der Verfolgung geschrieben. Sie behandeln das Thema Druck und Bedrängnis besonders. An den beiden Briefen erkennen wir übrigens, dass eine Gemeinde in der Verfolgung nicht automatisch gegen Verführung gewappnet ist. Vielmehr kann beides auch Hand in Hand gehen. 

Der letzte Brief des Paulus ist 2. Timotheus, den er vor seiner Hinrichtung schrieb. Darin betont er noch einmal an verschiedenen Stellen die Leidensbereitschaft als wichtige Voraussetzung für Nachfolge und Dienst: «So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen, sondern leide mit für das Evangelium nach der Kraft Gottes!» (2Tim 1,8). 

Auch im Hebräerbrief spielt die Verfolgung eine Rolle. So haben die Hebräer sogar freudig ihre Zwangsenteignung um des Glaubens willen hingenommen und als Gefangene gelitten (Hebr 10,34). Wir lesen aber auch, dass wir die verfolgten Glaubensgeschwister nicht vergessen dürfen: «Gedenkt der Gefangenen als Mitgefangene; derer, die geplagt werden, als solche, die auch selbst im Leib sind!» (Hebr 13,3). Das vernachlässigen wir sträflich. Es sollte eigentlich kein Gottesdienst und keine Gebetsstunde stattfinden, ohne dass wir für die verfolgte Gemeinde gebetet haben. Stoy macht deutlich, dass diese Fürbitte in der Bekennenden Kirche im Dritten Reich ein fester Bestandteil der Gottesdienste war.  Doch wir sind so oft nur mit unseren Problemen und Wehwehchen beschäftigt.   

Der Apostel Petrus schreibt ebenfalls an die zerstreute und verfolgte Gemeinde. Besonders der zweite Petrusbrief zeigt uns wiederum, dass Verfolgung nicht automatisch vor Verführung bewahrt. Petrus ermutigt die Gläubigen, auszuhalten und standhaft zu bleiben unter dem Druck von aussen. Er legt dar, welche Verheissungen damit verbunden sind und wie der Herr Leiden und Druck gebraucht, um Seine Kinder zu reinigen und zu verändern. Das sind zwei Themen, die wir heute völlig aus dem Fokus verloren haben. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es nur noch darum geht, wie man Leiden auf allen Ebenen verhindern kann. Ausserdem gehören wir zu einer Christenheit, die meint, dass Nachfolge etwas mit geistlicher «Bekiffung» zu tun hat, mit dem Ziel, in einem spirituellen Wohlfühlairbag durch dieses Leben zu schweben.

Johannes Pflaum erhielt eine fünfjährige Ausbildung am theologischen Seminar der Liebenzeller Mission. Er gehört zur «Christlichen Gemeinde Sennwald» und ist seit 2000 als Verkündiger und Bibellehrer im Rahmen des «Bibel-Lehr-Dienst» im In- und Ausland tätig.
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